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]]>Im Zuge der Covid-Pandemie hat sich insbesondere in China der Trend des “live-eCommerce“ verstärkt, der dort im Jahr 2022 auf ein Volumen von 43,2 Milliarden Yuan geschätzt wird (etwa €6Mrd.) Dieser lässt sich in etwa als „digitales Teleshopping“ umschreiben und umfasst oft eine intensive Interaktion mit dem Publikum. Zuschauer können „live“ Fragen zu präsentierten Produkten stellen. Grundsätzlich lässt sich dies auch in den virtuellen Welten realisieren, wie zum Beispiel der chinesische Handelsriese AliBaba mit seinem Ansatz auf der Plattform TaoBao zeigt. Dort entstehen eigene dreidimensionale virtuelle Shopping-Umgebungen, die per Avatar besuchbar und „erlebbar“ sind. Die einzelnen Verkaufsabteilungen und Geschäfte sind mit – virtualisierten – Mitarbeitern besetzt, welche die Kunden in „Echtzeit“ beraten. Zu festen Terminen sollen zudem – analog zu dem bereits praktizierten „gewöhnlichen“ online-Live-Shopping – interaktive Verkaufsveranstaltungen und Produktpräsentation stattfinden.
Der live-eCommerce-Markt China wird stark durch Influencer geprägt, die den Sprung vom reinen „Creator“ zum „Moderator“ bzw. „Host“ geschafft haben. Grundsätzlich ist hier ein Einsatz von Virtual Beings ebenfalls denkbar. In der Tat gibt es hierfür bereits erste Beispiele: Der reichweitenstarke (und inzwischen von der Bildfläche verschwundene) Live-Streamer und Influencer Li Jiaqi führte bereits 2020 gemeinsam mit dem „Virtual Idol“ Luo Tianyi, das fast 4,6 Millionen Follower auf Weibo (gewissermaßen das chinesische Twitter), aufweist, durch eine Verkaufsshow auf Taobao, vor fast 3 Mio. Zuschauern. Die ebenfalls zu Alibaba gehörende E-Commerce-Plattform Tmall führte im Anschluss daran ein weiteres Live-Streaming-Event durch, bei dem der „menschliche“ Part von Li Jiaqi durch die ebenfalls nur virtuell existierende Yuezheng Ling ersetzt wurde und somit die Moderation nunmehr vollständig in den Händen der Virtual Beings lag. Während damals die Interaktion mit den Virtual Idols vorwiegend auf der Produktion vorgefertigter, „programmierter“ Dialoge beruhte, kommen für derartige Live-Shopping-Events in jüngster Zeit verstärkt eigenständige virtuelle „Hosts“ zum Einsatz, die im einfachsten Falle auf dem technischen Niveau simpler Chatbots agieren, bei denen aber potenziell auch leistungsfähigere, selbstlernende Technologien zum Einsatz kommen können – wie etwa das Beispiel Dong Dong zeigt, das chinesische Virtual Being, das zur Bewerbung des Olympia-Merchandise entwickelt wurde.
Hinter dieser Entwicklung dürfte, so wird vermutet, auch staatliches Kalkül liegen. Einige der menschlichen Live-Streamer und Influencer sind sehr schnell sehr reich und mächtig geworden, was den Machthabern in Peking wohl ein Dorn im Auge war. Zuletzt sind nicht wenige dieser chinesischen Internetstars – wie Li Jiaqi – aus der Öffentlichkeit komplett verschwunden – an ihre Stelle treten stattdessen vermehrt Virtual Beings.
Aber ebenso andernorts, außerhalb Chinas, werden virtuellen Wesen in der produktbezogenen Live-Kommunikation eingesetzt: Der koreanische Konzern LG Electronics entwickelte die virtuelle DJane und Songwriterin Reah Keem, die für das Unternehmen auf der Messe CES Electronics auftrat und dort dessen neues Laptop präsentierte. LG beschränkte sich aber nicht auf diese punktuelle Maßnahme, sondern arbeitete im Anschluss an den Event weiter kontinuierlich an der Etablierung der Kunstfigur und ließ sie etwa auf verschiedenen Social-Media-Präsenzen über ihren Alltag „berichten“. Inzwischen erhielt sie zudem medienwirksam einen eigenen Plattenvertrag. Marken können also auch eigene Virtual Beings erschaffen, die je nach Bedarf für die Markenführung herangezogen werden, ansonsten aber ein unabhängiges Eigenleben führen können, womit Authentizität und Glaubwürdigkeit generiert werden soll.
Samsung stellte dem englischsprachigen Publikum zum Jahresbeginn 2022 sein neues Smartphone Galaxy S22 im Rahmen eines Online-Live-Events vor. Als Co-Host, neben dem TikTok Creator Liam Kalevi begrüßte der „virtuelle Influencer“ Zero die Zuschauer. Er interagierte mit seinen menschlichen Kollegen, indem er „aus seinem Bunker im Metaverse“ mit einer virtuellen Version des neuen Samsung-Mobiltelefons ein Selfie mit diesen aufnahm, was anschließend breit auf Social Media und in einschlägigen Pressekanälen geteilt wurde. Selbst wenn es sich hier offensichtlich nicht um eine KI handelte – zu eloquent führte der im Manga-Stil entworfene Moderator durch die Veranstaltung –, sondern wohl eher um einen Avatar, der die Mimik des menschlichen Sprechers jedoch perfekt in Echtzeit auf das virtuelle Pendant übertrug, zeigt dies doch, dass sich auch im westlichen Teil der Welt neue Einsatzbereiche für Virtual Beings im Live-Commerce eröffnen.
Virtual Beings werden auch angesichts der anhaltenden Diskussion um das Metaverse zunehmend relevant – gerade auch im Marketing- und Commerce-Kontext. Der Trend zur weiteren „Virtualisierung“ dürfte erst am Anfang stehen. Sicherlich kann man das Nutzerverhalten in Asien und insbesondere China nicht ohne weiteres mit der Situation hierzulande vergleichen. Aber es wäre fahrlässig, diese Entwicklungen nicht im Auge zu behalten.
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]]>Die aktuelle Leistungsfähigkeit der generativen KI geht allerdings längst deutlich über diese Aspekte hinaus. Dabei kann auf vorhergegangene Entwicklungen im Bereich des Marketings zurückgegriffen werden. Schon lange sprechen wir bei der Digitalisierung von Werbe- und Vertriebsaktivitäten von „Marketingautomation“, wenn Abläufe durch ein technisches System koordiniert werden. Sofern sich nun aber nicht nur die zugrundeliegenden Abwicklungsprozesse, sondern auch die Erstellung der zu platzierenden Inhalte und Werbebotschaften autonom gestalten lässt, führt die Kombination dieser beiden Elemente unweigerlich zu einem Entwicklungssprung im Marketing.
Bereits lange vor dem aktuellen Hype gab es Anwendungen, die eigenständig Texte in Werbemittel integrierten und dann automatisierte A/B-Testings durchführten: Ausgerichtet an zuvor – menschlich – festgelegten Kennzahlen, wie etwa einer „Ziel-Conversion-Rate“, kann so autonom die optimale Kombination aus verschiedenen Motiven und Platzierungen, „iterativ“, durch „trial & error“, ermittelt werden (etwa persado.com). Die inzwischen deutlich angestiegene Qualität der erzeugten Inhalte versetzt Werbetreibende damit in die Lage, diese aufwändigen Prozesse nun komplett an die KI auszulagern.
Neben Text und Bild lassen sich inzwischen ebenso gesprochenes Wort und Musik „synthetisch“ durch KI erzeugen. Beathoven.ai „komponiert“ beispielsweise, anhand der Vorgaben des Anwenders, die instrumentale Untermalung eines Produkt- oder Unternehmensvideos. Dabei lassen sich verschiedene Musikrichtungen und Stilelemente auswählen, die den Gestaltungsrahmen der KI vorgeben. Andere Tools erstellen Designvorlagen allein anhand von Texteingaben. Auch hier kann man ohne tiefgehendes Design-KnowHow, mit einer kurzen Beschreibung der Produktplatte des eigenen Unternehmens oder dem verfolgten Kommunikationsziel, dem System entsprechende Arbeitsaufträge erteilen. Mögliche Anwendungsbereiche sind etwa Präsentationen (Gamma.App) oder auch ganze Websites und Userinterfaces (Uizard.ai).
Ohne Frage wird generative KI das Marketing ganz grundsätzlich verändern. Dies ist keine gewagte Prognose, sondern im Moment bereits an vielen Stellen deutlich sichtbar. Automatisierungen, auch in klassischen kreativen Bereichen, werden zunehmen. Das birgt nicht nur Chancen, sondern dürfte viele vor Herausforderungen stellen – und dabei auch so manchen überfordern. Aber bei aller Skepsis, die ohne Zweifel angesichts dieser bevorstehenden Verwerfungen durchaus begründet ist: Vertrieb, Marketing und Kommunikationsabteilungen müssen sich optimistisch und aktiv gestaltend mit den Konsequenzen auseinandersetzen.
Denn: Wenn Sie es in Ihrem Unternehmen nicht tun, macht es bestimmt Ihre Konkurrenz.
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]]>Ohne Zweifel bietet eine solche Technologie jedoch auch jede Menge Chancen, die – mögliche Verbote hin oder her – mit Sicherheit Einzug in unser tägliches Arbeiten finden wird – und insofern wären Verbote auch eher kontraproduktiv. Man bedenke allein die Arbeitsersparnis, die Texter in ihrem Job damit erzielen können. Es ist ein Leichtes, Werbetexte oder Produktbeschreibungen über ChatGPT zu erzeugen, gleiches gilt für Blog-Artikel. Dieser hier, den Sie gerade lesen, ist zwar noch von einem menschlichen Verfasser geschrieben, die Auswahl der inhaltlichen Aspekte erfolgte allerdings auf Vorschlägen, die das Tool nach einem entsprechenden Befehl erstellte („Wie kann man kognitive KI-Werkzeuge wie ChatGPT im Arbeitsalltag nutzen?“).
Dies könnte eine Möglichkeit aufzeigen, wie wir in Zukunft mit diesen Aspekten umgehen sollten: Vielleicht sind solche Werkzeuge im Bereich der Sprache das Gleiche wie Taschenrechner im Bereich der Mathematik – ein Hilfsmittel, ein Instrument, das man lernen muss, zu bedienen, welches aber gleichfalls nicht die menschlichen Kompetenzen auf diesen Gebieten obsolet macht. Unsere Arbeit wird sich durch KI ziemlich sicher verändern. Aber sie wird nicht zwingend weniger oder weniger anspruchsvoll.
Gerade in Marketing und Vertrieb lassen sich solche KI-gestützten kreativen Prozesse sehr gut nutzen. ChatGPT ist dabei nur eines von vielen „kognitiven“ KI-Werkzeugen. Ähnlich bekannt sind Bildgeneratoren, die auf Textanweisung eigenständig – auf Basis des zuvor „maschinell Erlernten“ – neue Bilder erschaffen (beispielsweise DALL-E oder Stable Diffusion). Diese können dann zur Illustration von Inhalten oder zur visuellen Ausstattung von Werbematerialien genutzt werden. Gebrauchsanweisungen für Software und to-do-Anleitungen lassen sich automatisiert erstellen, einfach, indem man der Software die Erlaubnis erteilt, die einzelnen Schritte der Nutzung zu beobachten, mitzuschneiden und später auszuwerten (z.B. Scribehow). Und auch für die künstliche Erzeugung von menschlichen Stimmen, die dann für „Voice Over“, als akustische Untermalungen und Beschreibungen verwendet werden können, gibt es bereits Angebote (z.B. murf.ai).
Auch wenn viele Neuerungen im Zusammenhang mit KI und maschinellem Lernen für Unsicherheiten sorgen mögen, bietet die Technologie doch auch erhebliches Potenzial für uns und unseren Alltag. Aber egal, wie die Zukunft aussehen wird, für den Einzelnen wie für die Gesellschaft als Ganzes wird entscheidend sein, dass wir uns aktiv mit der Wirkungsweise von KI und Angeboten wie ChatGPT auseinandersetzen und uns nicht hinter Verboten und künstlich errichteten Vorbehaltsbarrieren verstecken. Probieren Sie es doch einfach mal aus!
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]]>Messen und Events gehören seit jeher zum klassischen Kanon der Live-Kommunikation. Schon in der Vergangenheit, lange vor der Debatte über das Metaverse, erweiterten digitale Adaptionen dieser tradierten Kommunikationskanäle das verfügbare Marketing-Instrumentarium. Auch heute noch gibt es zahlreiche Anbieter „virtueller Messen“, die versuchen, das Messeerlebnis der physischen Welt online nachzubilden. Die Vorteile dieser Ansätze scheinen auf der Hand zu liegen: der Aufwand für alle Beteiligten reduziert sich erheblich – kein zeitintensiver und teurer physischer Standaufbau mehr, die Reisekosten entfallen, es bestehen Möglichkeiten zur besseren Messbarkeit und der automatisierten Lead-Generierung, und alle Beteiligten sparen Zeit und Kapazitäten.
Viele dieser Konzepte waren dennoch meist nur bedingt von Erfolg gekrönt. Gründe dafür sind einerseits darin zu sehen, dass es sehr oft nicht gelang, den Messebesuch in der entsprechenden, gewohnten Intensität zu inszenieren, insbesondere die Umsetzung der direkten Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Ansprechpartnern gestaltete sich schwierig. Zum anderen bestand ein Hauptproblem der virtuellen Messen in der Plattformschwäche: Es bedarf eines langen Atems, um hier einen Standard zu etablieren, der ein entsprechendes Trafficaufkommen und ausreichende Besucherzahlen gewährleistet. Abgesehen von den großen Messemarken – die zwar stets eine digitale Verlängerung ihrer physischen Aktivitäten anstreben – aber gleichzeitig eine Selbst-Kannibalisierung fürchten, dürfte dies nur wenigen (potenziellen) Anbietern vorbehalten bleiben.
Das Metaverse mit seiner neu erfahrbaren Virtualität und der zumindest perspektivisch hohen „Immersion“, könnte dazu beitragen, diese typischen Probleme zu lösen oder wenigstens abzumildern. Überträgt man das Geschehen in eine echte 3D-Umgebung mit entsprechenden Endgeräten, ist sogar eine haptische Wahrnehmung möglich – Meta hat mit Reskin eine künstliche Haut entwickelt, die u.a. die Aktivierung des Tastsinns in virtuellen Umgebungen ermöglichen soll. Auch die Plattformproblematik ließe sich gewissermaßen „qua Defintion“ auflösen: ein umfassendes Metaverse, ein einheitlicher Standard oder zumindest eine Bündelung in wenigen virtuellen Welten – wie z.B. in Decentraland oder Metas Horizon – könnte der bisherigen Fragmentierung entgegenwirken und der gezielten Zuführung von Nutzerströmen dienen.
In der Tat hat die Diskussion um das Metaverse den Fokus auf den virtuellen Messen neu geschärft: einerseits in Form der bekannten „Stand-Alone“-Angebote, andererseits inszeniert innerhalb bestehender geschlossener virtueller Welten. Im April 2022 fanden etwa die „Paris NFT Days: Beyond“ auf Decentraland statt, als Spiegelung des gleichzeitig in der analogen Realität angesetzten Events. Wie oft auch in der physischen Welt, vermietete der Eigentümer der Immobilie die Ausstellungsfläche an den Veranstalter, der wiederum dort die Standflächen an die Aussteller vermarktete. Dabei machte man sich nicht nur die bestehende Nutzerbase von Decentraland nutzbar, sondern konnte zudem auf die weitere verbundene und etablierte Infrastruktur zurückgreifen, wie die standardmäßige Walletverknüpfung beim Sign-In. Die Tickets wie auch die Messestände waren als NFTs konzipiert. Die Besucher konnten am Automaten ein sogenanntes „POAP“ (Proof of Attendance Protocol) „ziehen“, mit dem man für sich, aber auch nach außen die Teilnahme dokumentiert. Diese Tokens können zum Beispiel als Beleg für den Erwerb bestimmter erforderlicher Kompetenzen verwendet werden, etwa als Voraussetzung, um einem spezifischen Discord-Kanal beitreten zu dürfen. Ferner bestand die Möglichkeit, kostenfreie, handelbare „Wearables“, ein virtuelles T-Shirt und eine Mütze als NFT, zu erhalten. Dieser durch die NFTs geschaffene „Mehrwert“ könnte einen Zusatzanreiz darstellen, um zu einer Messeteilnahme zu motivieren).
Neben Messen und Konferenzen – so wurde das begleitende Tagungsprogramm der NFT-Days auch live in die virtuelle Umgebung gestreamt – bieten sich Veranstaltungen mit Entertainmentbezug für die Nutzbarmachung im Rahmen von Marketingaktivitäten an. Bereits 2019 trat der US-amerikanische Musikproduzent und DJ Marshmello live, „digital“ auf der Online-Game-Plattform Fortnite im Rahmen eines Konzertes vor 10 Mio. „virtuell“ anwesenden Zuschauern auf. 2020 konnte Travis Scott diesen Rekord auf 27,7 Millionen unique User ausbauen. Im gleichen Jahr spielte ein virtualisierter Lil Nas X auf Roblox und generierte dabei 33 Millionen Views. Inzwischen gibt es neben diesen – meist zweidimensionalen – Spiele-Plattformen auch eine ganze Reihe von virtuellen 3D-Event-Locations– von Metas VR-Plattform Venues bis hin zum auf Events spezialisierten Anbieter Ceek, die eine entsprechende Bandbreite an Marketingmaßnahmen ermöglichen. Diese können vom Sponsoring – von Konzerten oder im eSport-Bereich – bis hin zur Durchführung eigener Events – als Kundenveranstaltung oder als virtuelle Adaption des Konzeptes herkömmlicher Roadshows – reichen. Dabei beschränken sich die Aktivitäten nicht allein auf das Event selbst. Mit der Begleitung und Nachbereitung sowohl innerhalb der jeweiligen virtuellen Welten, als auch außerhalb von diesen, lässt sich eine Verlängerung der Maßnahmen erwirken. Schließlich ermöglicht die virtuelle Durchführung die automatische Aufzeichnung und „Konservierbarkeit“ der Veranstaltung, was die weitere Nutzbarmachung – Verwendung für die spätere Lead-Generierung gegen Registrierung, Erstellung von Snippets für die Kommunikation sowie die friktionslose Platzierung und Bewerbung auf anderen Kanälen, wie etwa Youtube – stark vereinfacht.
Im Frühjahr 2022 lud die Plattform Decentraland zur ersten “Metaverse Fashion Week”. Marken wie Tommy Hilfiger, Dolce&Gabbana und Philipp Plein nutzten das Event, um sich und ihre Produkte vor 108.000 „Unique Attendees“ zu präsentieren. Die Art und Weise sowie die Zielrichtung der Auftritte unterschieden sich dabei teilweise recht deutlich: Während etwa Dolce&Gabbana einen klassischen Catwalk inszenierte, sich dabei aber auf rein virtuelle „Wearables“ konzentrierte, die nur von Avataren im Netz getragen werden können, zeigte das Modelabel Etro hingegen einen virtuellen Ausblick auf seine kommende physische Kollektion, die von 20 digitalen Models präsentiert wurde. Im Rahmen der Fashion Week fanden zudem viele Einzelevents und Verkaufsveranstaltungen statt. Anders als bei herkömmlichen, physischen Modeschauen, nutzte man die Möglichkeiten des direkten und parallelen B2C-Vertriebs: Tommy Hilfiger bot streng limitierte virtuelle Outfits, angelehnt an die aktuelle Frühlingskollektion, direkt zum Erwerb als NFT an. Eine „Umwandlung“ in „physische Kleidungsstücke“ zu einem späteren Zeitpunkt wurde auf Wunsch ebenfalls angeboten. Verschiedene Marken nutzten zudem den Kontext der Fashion Week für den Vertrieb in zeitlich begrenzten virtuellen „Pop-Up-Stores“, in denen zum Beispiel NFTs bestehender physischer Produkte vermarktet wurden.
Die Fashion Week zeigte auch potenzielle Probleme und Limitierungen von Live-Events im Metaverse auf: Derzeit sind aufgrund der technischen Herausforderungen – Rechenkapazitäten, ausreichend schnelle und belastbare Internetverbindungen – die Darstellungsmöglichkeiten im virtuellen Raum noch ausbauwürdig. Einerseits muss die visuelle Qualität, gemessen am heutigen Entwicklungsstand der Computergrafik, als rückständig bezeichnet werden. Das limitiert gerade bei Mode und Luxusgütern die Optionen der Umsetzung und Nutzbarmachung. Andererseits wies Decentraland, ressourcenbedingt, ab einer bestimmten Teilnehmerzahl Neuankömmlingen, neue, zusätzliche Räume zu, so dass diese mitunter den Eindruck hatten, alleine am Event teilzunehmen, was der emotionalen Wirkung der Inszenierungen gleichfalls abträglich gewesen sein dürfte. Des Weiteren wurde deutlich, dass, wie in der physischen Realität, auch in der virtuellen Welt Vorkehrungen getroffen werden müssen, um „unerwünschte“ Interaktionen und Grenzüberschreitungen zu verhindern. So konnte sich im Rahmen der Fashionshow von Etro das Publikum ungehindert der Bühne nähern und sogar in das Geschehen eingreifen – was in Anbetracht der Unzufriedenheit mancher Teilnehmer mit dem Dargebotenen auch geschah und die Abläufe massiv störte.
So sehr der Rückgriff auf virtuelle Technologie im Rahmen der Live-Kommunikation sich anbieten mag, ist doch fraglich, ob sich das volle Potenzial des Metaverse tatsächlich dadurch erschließen lässt, dass bestehende Ansätze einfach aus dem physischen in den virtuellen Kontext übertragen werden. Ein gängiger Vorbehalt gegenüber der virtuellen Live-Kommunikation besteht in den letztlich doch beschränkten Interaktionsmöglichkeiten mit dem menschlichen Gegenüber, in dem, im Vergleich mit dem analogen „Original“, doch wiederum unzureichenden zwischenmenschlichen Austausch – der ja als vielleicht der wichtigste Vorteil, gegenüber anderen, insbesondere „Above-the-Line“-Kommunikationsansätzen betrachtet wird. Insofern ist zu überlegen, ob überhaupt eine bloße virtuelle „Kopie“ herkömmlicher Maßnahmen zielführend ist. Womöglich bedarf es stattdessen einer grundsätzlich anderen Konzeption der Live-Kommunikation, um im virtuellen Raum erfolgreich zu sein, eine Konzeption, die gar nicht erst versucht, menschliche Interaktion zu simulieren, sondern die sich voll auf die neuen Optionen, den uns der technologische Fortschritt der letzten Dekade beschert hat, konzentriert. Der Einsatz von KI und maschinellem Lernen ermöglicht inzwischen einen hohen Automatisierungsgrad digitaler Systeme und Anwendungen. Gleichzeitig haben die Entwicklungen der Rechenkapazitäten zu einer exponentiellen Evolution in der digitalen grafischen Darstellung geführt, die entsprechende „lebensechte“ Abbildungen ermöglichen. Vielleicht sind damit im Metaverse auch gar nicht mehr „echte“ Menschen aus Fleisch und Blut im Zentrum des Interesses. Stattdessen könnten „virtuelle Lebewesen“ womöglich den eigentlichen Mehrwert bieten.
Mit diesem Aspekt beschäftigt sich dieser Artikel auf diesem Blog:
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]]>Gemäß einer als für den deutschen Markt repräsentativ deklarierten Studie von Deloitte können 55% der Befragten sich grundsätzlich vorstellen, Güter im Metaverse zu erwerben. Da der Begriff des Metaverse noch nicht abschließend geklärt ist – eine Einordnung zu den verschiedenen Begriffsdimensionen und Erscheinungsformen findet sich hier – erscheint diese Zahl doch erstaunlich hoch. Diese legt nahe, dass sich Unternehmen, die neue Absatzkanäle suchen oder sicherstellen wollen, dass Sie bei diesem Trendthema nicht abgehängt werden, mit eingehender dem Thema des „V-Commerce“ befassen müssen. Dieser Beitrag versucht daher die bisherigen Ansätze zu erfassen und zu bewerten.
Im Prinzip lassen sich die Commerce-Aktivitäten im Metaverse-Kontext – wir folgen einem breiteren Ansatz – in drei Kategorien untergliedern
Diese sollen im Folgenden jeweils kurz beschrieben und erläutert werden:
In der Tat bieten virtuelle Welten wie The Sandbox oder Decentraland den Kauf von „Immobilien“ in ihrer Sphäre an, die als Verkaufsflächen genutzt werden können, wobei die Preise sich – wie in der physischen Welt – streng nach marktwirtschaftlichen Kriterien bemessen und, je nach Lage, nicht selten in die Millionen gehen. Samsung hat seine Verkaufsfiliale in Manhattan in Decentraland nachgebaut, die mit dem Nutzeravatar virtuell besucht werden kann und die Metaverse-Plattform CEEK hat am Beispiel H&M die Studie eines „begehbaren“ Stores errichtet, in dem potenzielle Kunden die Ware in Augenschein nehmen und erwerben können. Auch ganze Malls sollen im virtuellen Raum entstehen, die einer Vielzahl von Geschäften an zentralisierter Stelle Platz bieten. Daneben gibt es Ansätze, die losgelöst von bestehenden Plattformen existieren sollen, sich aber auch leicht zu einem späteren Zeitpunkt auf diesen integrieren lassen, wie etwa der „virtual in-person pop-up Crib-Store“ der Firma Babylist, die dort Kinderwagen und Babyausstattung feil bietet. Dabei steht selten nur ein Abbild eines physischen Ladengeschäfts im Mittelpunkt der Konzepte. Meist können auch virtuelle Produkte oder Ergänzungen zum bestehenden analogen Programm erworben werden. Des Weiteren dienen die Auftritte der Vermittlung weiterführender marken- und produktbezogener Inhalte sowie der Durchführung von Verkaufsaktionen und Events.
Doch auch denjenigen, die derartige Investitionen scheuen, eröffnen sich Perspektiven, um am Handel im Metaverse zu partizipieren. Denn ebenso die Plattformbetreiber selbst denken an den Aufbau von Retailstrukturen – analog der bekannten Funktionsweise der App-Ökonomie. Meta etwa plant als Intermediär den Vertrieb von virtuellen und physischen Produkten zu organisieren und von den Anbietern und „Creators“ entsprechende Provisionen (25% auf der eigenen VR-Plattform Horizon) aus den Verkäufen zu erheben. Relevant in diesem Kontext ist ein Facebook-Patent aus dem Jahr 2019. Demnach beabsichtigt Meta, Angebote in virtuellen Shops zu personalisieren – maßgeschneidert zum individuellem Nutzerprofil. Analog den programmatischen Werbeverkaufssystemen bei klassischen Facebook-Anzeigen könnten Werbetreibende über ein normiertes Interface Gebote für die Ausspielung ihrer Produkte festlegen und die anvisierten Zielgruppen anhand hinterlegbarer Merkmale zusätzlich targetieren. Damit wäre Meta in der Lage, sein bisheriges Erfolgskonzept auch für das Shopping im Metaverse fortzuschreiben.
Ein Produkt, das in beiden Sphären nutzbar wäre, würde einen weiteren Schritt in der Realisierung der Zielvisionen eines „echten“ Metaversums beschreiben. Die Möglichkeit, digitale Abbilder von analogen Produkten zu erzeugen, eröffnet neue Formen der Angebotskombination aus physischen und virtuellen Elementen. Insbesondere im Fashionumfeld bietet sich dies als verkaufsstrategische Vorgehensweise an. Der Modekonzern Zara hat 2022 eine „Metakollektion“ auf den Markt gebracht, deren Teile sowohl im „physischen“ Umfeld als auch im Zepeto-Metaverse getragen werden können. Die Linie umfasst sowohl Textilien als auch Kosmetikprodukte. Ähnliche Ansätze sind bei Balenciaga und Gucci zu verzeichnen. Balenciaga kooperierte dabei mit Fortnite und ermöglichte die Ausstattung der Fortnite-Avatare mit Balenciaga-Mode gegen die Bezahlung in der Plattformwährung V-Bucks. Nutzer, die in ihrem neu erworbenen Outfit spielten, konnten Fotos ihrer Charaktere einsenden, die dann auf virtuellen Plakatwänden in Fortnite zu sehen waren – gewissermaßen als Testimonial. Dabei blieb die Nutzererfahrung nicht auf das rein virtuelle beschränkt. Auf dem „echten“ Times Square bewarb Balenciaga die Aktion mit den virtuellen Protagonisten seiner Kampagne und führte die physische Kundschaft zu seinem „Bricks&Mortar“-Store in New York, wo das physische Abbild der Kollektion erworben werden konnte. Gucci hat eine limitierte Handtaschen-Kollektion aufgelegt, die auf der Roblox-Plattform sowie in der physischen Realität zeitlich eng begrenzt erworben werden konnte. Dabei waren die virtuellen Versionen mitunter teurer als jene im Analogen, im Falle etwa der „Dionysus“-Tasche USD 4.115 gegenüber USD 3.400. Denjenigen, denen es gelang, eine der wenigen digitalen Taschen zu erwerben, dürften sich zwar über potenziell höhere Wiederverkaufswerte freuen. Dennoch ist die Nutzung der Tasche allein auf Roblox beschränkt, es handelt sich dabei auch nicht um ein NFT: Die Eigentumsfestschreibung erfolgte nicht auf einer Blockchain, sondern lediglich zentral im Roblox-Interface.
Auch wenn diese Aktivitäten derzeit natürlich noch stark auf das Branding großer Modemarken gerichtet sind, eröffnet die Verknüpfung von virtuellen und physischen Produkten, zweifelsohne neue Perspektiven für den Handel. Insbesondere auch kleinere Unternehmen könnten dies als kostengünstigen Ansatz für sich nutzbar machen. Dezentralisierung durch DLT und NFT wird immer auch mit Demokratisierung verbunden und im Schatten der beschriebenen Entwicklungen haben auch zahlreiche kleinere Unternehmen und einzelne, unabhängige Designer sich auf diesen Märkten positioniert. Die Eintrittsbarrieren für den NFT- Fashion-Markt sind schließlich eher niedrig, und auch mit geringen finanziellen Mitteln ist es möglich, eine virtuelle Modekollektion zu kreieren und feilzubieten. Der Brückenschlag in die physische Welt lässt sich daraus dann deutlich leichter vollziehen. Die junge Modemarke Vollebak verkauft Kleidung via NFTs in ihrem virtuellen Geschäft auf der Metaverse-Plattform Decentraland. Gegen Aufpreis lässt sich auch eine physische Version erwerben und der digitale „Direct-to-Avatar“ -Vertriebsweg wird damit bei Bedarf zu einem „Production-on-Demand“-Kanal weiterentwickelt, was die Investitionsrisiken klassischer, „analoger“ Prozesse minimiert. Dabei lässt sich über AR (s.o.) auch eine virtuelle Anprobe simulieren, und aus dem „Try-before-buy“ wird zusätzlich ein „Try-before-Prodcution“.
Ferner lassen sich auf diese Weise aber auch ausschließlich virtuell existierende Produkte mit der physischen Welt verweben. Auf der eCommerce-Plattform Spatialport können einzigartige Luxusuhren als virtuelle Güter erworben werden, deren Hauptzweck darin besteht, ein Foto des Besitzers über AR mit der erworbenen Uhr am Handgelenk digital „anzureichern“ und dieses dann beispielsweise über Social Media zu verbreiten. Die Rechte an dem exklusiven Gut werden über ein NFT fixiert. Der Startpreis für jede Uhr lag bei etwa USD300 (0,1 ETH zum damaligen Kurs).
Aber auch aus anderen Bereichen, jenseits des Fashionsegments ist es möglich, Kombinationen aus virtuellen und physischen Produktangeboten zu kreieren: Das NFT-Projekt Aisthisi vermarktet Olivenöl in Verbindung mit digitaler Kunst. Wer ein NFT-Werk der partizipierenden Künstler erwirbt, erhält damit auch ein Anrecht auf ein physisches Gut – in diesem Fall eine Flasche Olivenöl. Diese ist mit einem Etikett des jeweiligen Kunstwerks versehen. Das NFT ist nach Erhalt der physischen Ware wieder frei handelbar. Im Prinzip kann diese Form der „Handelssymbiose“ auch auf andere Produktkombinationen übertragen werden. Damit ließe sich ebenso für KMU und Einzelunternehmen eine werthaltige Strategie zur Absatzförderung verfolgen, ohne große institutionelle Hürden. Der Konsumentennutzen ist dabei nicht auf eine einzelne Eigenschaft reduziert, sondern erschließt sich aus einer Mehrzahl von möglichen Kaufmotiven, etwa der Verknüpfung von Konsum- und Investitionsgut.
Eine weitere Handlungsoption besteht in der Nutzung des Metaverses für Kundenbindung und Markenbildung im Rahmen eigener „Sub-Welten“. Wie beschrieben, erlauben viele Metaverse-Plattformen eigene Repräsentanzen. Vielleicht die bislang konsequenteste Nutzbarmachung dieses Ansatzes ist Nike auf Roblox mit seiner umfangreichen Adaption eines „markenbasierten Themenparks“, dem „Nikeland“ gelungen. Der Zugang dazu ist nach dem Roblox-Login kostenlos. Eine Vielzahl von Spielen sind frei nutzbar. Entsprechend der CSR-Strategie von Nike und im Einklang mit dem Markenkern, soll dies junge Nutzer dazu ermutigen, an immersiven Fitnesserlebnissen teilzuhaben. AR-Technologie wird genutzt, um das virtuelle Erlebnis in die physische Welt zu übertragen und soll dabei helfen Zugangsbarrieren abzubauen. Dies bildet den Rahmen, um auch weitere Markenbotschaften sowie Neuigkeiten aus der Produktpalette zu transportieren und Produkt-Showrooms zu präsentieren. Die Spiel-Avatare können virtuell mit bekannten Nike-Produkten ausgestattet werden. Ferner findet Cross-Promotion mit von Nike gesponserten Sportlern statt, die dort auftreten und auch eigene Kollektionen bewerben. 2022 „trainierte“ beispielsweise NBA-Star LeBron James auf dem Nikeland-Basketballfeld Avatare, die während des Events und danach virtuelle Produkte gewinnen konnten . Umgekehrt gibt es auch in der physischen Sphäre eine Entsprechung des Nikelands in Nike‘s New Yorker Flagship Store. Im dortigen Kinderbereich können AR-Anwendungen genutzt werden, etwa über Snapchat-Linsen, um das virtuelle Spielerlebnis aus dem rein digitalen Nikeland in eine physische, virtuell angereicherte Umgebung zu verlagern.
Laut Nike konnten bis zum ersten Quartal 2022 bereits fast 7 Mio. Besucher in Nikeland verzeichnet werden. Daraus resultierte angeblich auch ein nennenswerter Beitrag zum aktuellen Umsatzwachstum. Selbst wenn der Aufwand, der für eine derartige erfolgreiche Umsetzung unzweifelhaft sehr hoch und insofern sowie angesichts der bestehenden Markenstärke von Nike nur schwer kopierbar ist, zeigt sich doch, dass das Metaverse und die Verknüpfung von virtueller und physischer Welt durchaus geeignet sein können, um ein gezieltes Branding, Kundenbindung und ein markengerechtes Absatzmarketing zu betreiben.
Ohne Zweifel sind wir von der Zielvision eines „parallelen“, ubiquitären Metaversums noch weit entfernt. Gleichwohl wäre es aus unternehmerischer Sicht fahrlässig, die hochdynamische Entwicklung und die damit einhergehenden Investitionen in den Markt zu ignorieren. Je nach Branche mögen die Chancen und Risiken eines Engagements womöglich sehr unterschiedlich sein. Und auch der fehlende gemeinsame terminologische Nenner erschwert die Findung der angemessenen strategischen Herangehensweise. Zu warten, bis eines Tages tatsächlich ein untrennbares Verwachsen der virtuellen und physischen Sphäre vollzogen ist, wie es in den Science-Fiction-Romanen und Filmen beschrieben wird, wäre allerdings kurzsichtig und würde die Veränderungen, die bereits heute an den Märkten vollzogen sind, ignorieren. Es ist nicht zu bestreiten, dass zumindest auf den zweidimensionalen virtuellen Plattformen bereits ein neuer Marktkosmos entstanden ist. Eine Reduzierung der Thematik auf Welten, die sich zwingend nur mit VR-Brillen besuchen lassen, würde die anvisierbare Zielgruppe nur unnötig verengen. Anders als sonst in der Digitalökonomie, etwa bei Suchmaschinen und eCommerce-Plattformen sowie in den Sozialen Medien, ist der Markt aktuell noch sehr fragmentiert, der „Kuchen“ noch nicht verteilt. Statt einer zentralen Anlaufstelle für alles was unter dem Begriff Metaverse subsumiert wird, gibt es verschiedene Anbieter, auf verschiedenen Ebenen, die unterschiedliche Teilleistungen erbringen. Umso wichtiger ist es aus Unternehmenssicht, die richtige Plattform zu finden, die einerseits am besten zu den eigenen Zielen und Produkten passt, andererseits aber auch genügend Reichweite verspricht. Selbst wenn im Moment Fortnite das vielleicht am besten entwickelte System im virtuellen Raum besitzt, ist es für die meisten Unternehmen, jenseits der großen Marken, illusorisch, hier einen marktfähigen Ansatzpunkt zu finden. Auf Minecraft oder Roblox hingegen bieten sich womöglich ebenso kleineren Anbietern Chancen aufgrund ihrer dezentraleren Konzeptionen, die auch die Nutzerschaft als kreative Kraft von Beginn an miteinbezogen haben.
Auch wenn NFTs in aller Munde sind, zeigt sich doch in der Praxis, dass viele erfolgreiche Adaptionen virtueller Güter sehr gut ohne die aufwändige und derzeit noch wenig nachhaltige DLT ausgekommen sind. Daher gilt hier: nur dort, wo es wirklich notwendig ist, wo anbieterunabhängige Wertanlagen geschaffen werden sollen, deren Rückverfolgung zu den Voreigentümern und „Kreatoren“ wirklich einen „Mehrwert“ versprechen, macht es Sinn, auf Blockchain und Tokens zurückzugreifen. Gleichwohl bietet gerade dieses Umfeld erhebliche Chancen für einzelne Künstler und Designer, für kleinere Unternehmen, die hier, wie gezeigt, ohne größeres Investitionsrisiko Produkte unter Marktbedingungen testen oder Wege zu gänzlich neuen Märkten beschreiten können.
Auch hinsichtlich der Kanäle zur Kommunikation über die jeweiligen Tätigkeiten gilt es abzuwägen: Roblox, Minecraft oder Fortnite und auch andere, eigenständige Open-World-Games sind über „Let’s Plays“ von einschlägigen Influencern, auf Twitch oder Youtube gut kommunikativ verankert. Ebenso erreichen Youtube-Kanäle, die sich allein mit Neuigkeiten zu einzelnen Gaming-Plattformen beschäftigen, mitunter erstaunliche Reichweiten. Daneben bietet das Sponsoring von eSports in diesen Umfeldern eine Handlungsoption für eine zielgerichtete kommunikative Begleitung der Aktivitäten. Während für diesen Kontext also ein eingeführter Instrumentenkasten existiert, erscheint die Kommunikation jenseits der Gamingwelt noch als Stückwerk. Für alles, was sich dem Metaverse im engeren Sinne widmet – NFTs, Web3 und alle weiteren DLT-basierten Betätigungsfelder – hat sich Discord als „Verlautbarungskanal“ sowie zur Community-Organisation etabliert, was entsprechend Berücksichtigung in der Kommunikationsstrategie finden sollte. Wie schon beschrieben, eröffnen die virtuellen Welten, deren Zugang ja meist nur durch Registrierung und die damit verbundene ausdrückliche Zustimmung zu wie auch immer gearteten Datenschutzvereinbarungen möglich ist, umfangreiche Personalisierungsoptionen. Auch wenn man als Werbungtreibender nur auf bestehende Plattformen zurückgreift, bieten sich hier tiefgreifende Ansatzpunkte. Als Beispiel kann auch hier Fortnite mit seinen zahlreichen Markenkooperationen angeführt werden: Das Manga-Franchise Naruto ermöglicht den Nutzern spezifische Ausstattungsgegenstände in Fortnite zu erspielen. Für die Teilnahme an diesen zusätzlichen „Challenges“ ist jedoch eine weitere Registrierung notwendig. Somit hat das Engagement der Marke nicht nur einen Brandingeffekt, sondern dient ebenso dem massenhaften Datenmining unter den Millionen Fortnite-Spielern. Das Onboarding läuft dabei einfach und friktionsfrei, per einfachem Click werden die bereits im Stammspiel hinterlegten Daten übernommen.
Im Kontext der Kommunikation ist ferner zu beachten, dass im Metaverse womöglich andere Regeln und Verhaltenskodizes gelten könnten. Meta hat bereits Vorkehrungen getroffen, um virtueller sexueller Belästigung vorzubeugen. So sollen sich Avatare im Virtuellen nur bis auf einen festgelegten Mindestabstand nähern können. Auch was als rechtmäßiges oder strafbares Handeln im virtuellen Metaverse zu verstehen ist, müsse (noch) verhandelt werden, wird insbesondere aus den USA gefordert. Tendenziell dürfte das Metaverse damit vermutlich eher „woke“ und weniger anarchische Spielwiese für das Ausleben ungezügelter Freiheiten sein. Der oft modernistische Gestus der aktuellen Diskussion kann aber auch als leistungsfähiges Vehikel für bestimmte aktuelle Themen genutzt werden: Nachhaltigkeit und ebenso soziale Anliegen, wie sie z.B. NIKE mit seinem Nikeland verfolgt, lassen sich, sofern einige Grundregeln der CSR befolgt werden, derzeit vermutlich gut und glaubhaft in diesem Kontext transportieren.
Schließlich sollte das Engagement in einem wie auch immer gearteten Metaverse entsprechend gesteuert und auf Erfolgswirksamkeit überprüft werden. Womöglich unterscheiden sich jedoch die erfolgsrelevanten Metriken von den bisher im Digitalen Marketing erprobten Kennzahlen wie „Likes“, „Shares“ und „Conversions“. Das Metaverse ermöglicht neue Formen des „Engagements“, die sich auch im Monitoring und Controlling jenseits reiner Absatzzahlen widerspiegeln sollten. Dazu zählen etwa die Messung des Community Engagements im entsprechenden Discord-Stream, der „Share of Voice“ der Postings in einschlägigen virtuellen wie auch traditionellen digitalen Communities sowie die Ermittlung der erfolgreichen zugrundeliegenden Content-Arten. Ebenso kann die Auswertung der öffentlich geführten Chats in den jeweiligen Welten im Rahmen eines semantischen „Conversation Minings“ werthaltige verhaltensökonomische Einblicke gewähren. Und auch die Verbreitung virtueller Güter bietet Ansatzpunkte für die Kennzahlenerhebung und -steuerung. Deren „Marktdurchdringung“ lässt sich erheben, indem der Absatz je Nutzer und die Nutzerzahlen insgesamt gegenübergestellt werden. Und in Bezug auf NFTs dürften der Verkauf über Zweitmärkte – jeweils geld- und stückbewertet – sowie die entsprechende Preisentwicklung zu wichtigen Indikatoren werden.
All dies weist daraufhin, dass Marketing und Vertrieb im Metaverse angesichts dieser neuen Anforderungen auch angepasste oder neue Strukturen und Prozesse benötigen. Für alle potenziellen Marktteilnehmer gleichermaßen – groß wie klein – gilt daher: halbherzige Vorstöße dürften kaum Erfolg versprechen.
Immer wieder werden Zweifel daran geäußert, ob dem Metaverse wirkliche eine nachhaltige Entwicklung beschieden ist oder ob die aktuelle Diskussion und die daraus erzeugte Aufmerksamkeit nicht bloß ein „Hype“ ohne wirkliches Fundament seien. Zunächst scheint es aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich, dass tatsächlich ein ubiquitäres, die Standardschranken einzelner Plattformen überwindendes Netz entstehen könnte, das virtuelle und physische Welt immersiv vereint. Treiber hinter den Entwicklungen sind bereits am Markt etablierte Unternehmen mit autarken ökonomischen Interessen. Ein Monopolisierungssog – bei dem natürlich fraglich ist, ob dieser überhaupt wünschenswert wäre – zeichnet sich ebenso wenig ab wie eine breite Kooperation der Wettbewerber. Insofern dürfte die Vision eines distribuierten Web3, welches auch die Verfügungsmacht in einem solchen Netz dezentralisieren würde, nur schwer zu realisieren sein. Vor allem aber scheint es schwer vorstellbar, dass man als Mensch aus Fleisch und Blut tatsächlich große Teile seines Alltags in der Virtualität verbringen möchte, bei allem Spaß, den das punktuell bereiten mag. Worin bestünde der Nutzenzuwachs dadurch? Wer den namensgebenden Roman Stephenson’s heute, mehr als 30 Jahre nach Erscheinen, liest, dem dürfte auffallen, wie nah die dort skizzierte Version des Metaversums an den aktuellen Vorstellungen und Konzepten dazu liegt. Bereits damals beschrieb Stephenson die Verwendung virtueller Markenartikel und digitaler Mode durch individualisierte Avatare, in allen ihren Ausprägungen und Konsequenzen – übrigens nicht als erstrebenswert erscheinende Zielvision, sondern als Dystopie. Umso erstaunlicher ist es, dass das Werk als eine Art Blaupause für die Verschmelzung von physischer und virtueller Welt betrachtet wird.
Allerdings wäre es nicht das erste Mal, dass wir auf gelernte und tradierte Denkmuster als Erklärungsmodell zukünftiger Entwicklungen zurückgreifen – und damit zu falschen Schlüssen gelangen. Auch das WWW, die sozialen Medien und die Digitalisierung als solches wurden bereits in der Vergangenheit mit zahlreichen falschen Prognosen bedacht. Warum sollte es diesmal anders sein?
Vieles deutet daraufhin, dass wir uns zur Beurteilung der Marktchancen nicht auf enge definitorische Zielkorridore oder prosaische Zukunftsbeschreibungen verlassen sollten. Der technische Fortschritt bei den Endgeräten, den VR-Brillen, lässt sich ebenso wenig linear vorausbestimmen wie die Adaptionsbereitschaft jüngerer Generationen oder auch die Auswirkungen externer Faktoren, wie den Klimawandel, geopolitische Krisen oder eine Pandemie.
Insofern erweist sich der pragmatische Blick auf das bereits erreichte und realisierte womöglich als die vielversprechendere Herangehensweise. Tatsache ist nun mal, dass viele Menschen, in erster Linie jüngere, vielleicht nicht ihren kompletten Alltag, aber doch einen erklecklichen Teil ihrer Zeit bereits jetzt in nicht-physischen Welten verbringen. „Budgets follow Eyeballs“ ist ein bewährtes Diktum der Digitalwirtschaft, und in der Tat überschreiten die Investitionen in Verbindung mit einem wie auch immer gearteten Metaverse bereits jetzt jene in die „Schlüsseltechnologie“ KI.
Dass Menschen bereit sind, für nicht-materielle Sachgüter, die in der physischen Sphäre eigentlich keinen Wert besitzen, Geld auszugeben – auch jenseits der gehypten BoredApeYachtclub- und Cryptopunk-NFTs, kann ebenfalls als Fingerzeig für eine gesellschaftliche Entwicklung außerhalb erwarteter Muster gelten. Wer tiefer in die beschriebenen Welten eintaucht, wird schnell feststellen, dass dem eigentlich vielstrapazierten Begriff der „Identität“ im Virtuellen eine besondere Adaption zu Teil wird: Der Wille zur persönlichen Abgrenzung und Individualität ist hier als realisiertes Massenphänomen zu beobachten. Die virtuelle Sphäre hat sich bereits zu einer Projektionsfläche für Wünsche, Werte und Haltungen entwickelt, die über die Möglichkeiten in der analogen Realität deutlich hinausgehen – und wofür die Nutzer und Nutzerinnen auch bereits heute bereit sind, zu bezahlen. Das allein kann schon als Vorbote einer sich verändernden Lebenswirklichkeit begriffen werden. Letztlich ist das „Metaverse“ nur ein Symbol dieses Wandels.
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Der Beitrag Virtual Commerce im Metaverse erschien zuerst auf Nerdwärts.de.
]]>Der Beitrag Virtual Beings, Digital Humans und Avatare – eine Begriffsabgrenzung erschien zuerst auf Nerdwärts.de.
]]>Der Begriff der „Virtual Beings“ bezieht sich auf die Entstehung „digitaler Lebewesen“ mit eigenen „Persönlichkeiten“, die entsprechende Möglichkeiten der menschlichen Interaktion eröffnen und dabei verschiedene Ausprägungen haben können. Ein weiter gefasstes Verständnis bezieht dabei bereits intelligente Chatbots und Sprachassistenten, aber auch interaktionsfähige Roboter – wie der berühmte „Pepper“ – , mit ein. Diese Kategorie wird teilweise als „Virtual Companions“ umschrieben, Begleiter im physischen Alltag, die auf digitalisierte Ressourcen zurückgreifen. In einer engeren Definition umfasst der Begriff hingegen nur Erscheinungsformen im virtuellen Raum. Manchmal findet hierfür auch die Bezeichnung „Digital Humans“ Verwendung, digitalisierte menschliche Abbilder, wobei hiervon der Terminus „Avatar“ nochmals abgegrenzt werden muss, der sich auf eine (meist) grafische Repräsentation des Nutzers in digitalen Umgebungen, etwa in Spielen und auch auf Metaverse-Plattformen, bezieht. Ein Avatar besitzt damit aber eben keine autonomen Persönlichkeitseigenschaften, ist also kein eigenständiges virtuelles Lebewesen.
Von „Virtual Beings“ ist der oft synonym verwendete Terminus der „Digital Humans“ noch in weiterer Hinsicht zu unterscheiden: Zum einen muss die digitale „menschliche“ Ausprägung nicht unbedingt auch ein reales menschliches Antlitz besitzen, ebenso sind comicartige oder gänzlich gesichtslose Darstellungen denkbar. Zum anderen können auch andere Lebewesen „virtualisiert“ werden. Inzwischen ist es etwa möglich, „individualisierte“ Haustiere im Metaverse zu besitzen. Das Unternehmen „Digital Pets Company“ stellt beispielsweise entsprechende NFT-Hunde als virtuelle Begleiter zu Verfügung, die eigene, „unique“ Persönlichkeiten besitzen sollen und von ihren Haltern weiter trainiert werden können.
Schon seit Längerem wird im Marketingkontext über „virtuelle Influencer“ diskutiert. Viel zitierte Vertreterin ist etwa das rein digital existierende „Supermodel“ Shudu, welches von der dahinter stehenden Agentur auf dem eigenen Instagram-Kanal mit mehr als 200.000 Followern höchst professionell in Szene gesetzt wird. Einen noch größeren Bekanntheitsgrad hat sich „Lil’Miquela“ erworben: Sie verfügt über ein Instagramprofil mit mehr als 3 Mio. Followern und einen eigenen Youtube-Kanal, dessen Videos teilweise mehrere Millionen Abrufe aufweisen. Quer über die verfügbaren Social Media Kanäle wird auf diese Weise der Alltag eines Influencers simuliert – Lil‘Miquela trifft sich mit Freunden, macht Selfies, teilt ihre Spotify-Playlist – und auf diese Weise „echtes“ Geld mit Product Placement verdient. Selbst wenn in den letzten Jahren immer mehr virtuelle Influencer in Europa und auch hierzulande auf der Bildfläche erscheinen, hinkt die Entwicklung deutlich hinter jener in Asien, in Japan, Korea und China hinterher. Das chinesische Marktforschungsunternehmen iiMedia bezifferte das Volumen des hier mit „Virtual Idol“ bezeichneten Marktes für 2021 mit 6,22 Mrd. Yuan (etwa €900 Mio.).
Die beschriebenen Beispiele virtueller Influencer stellen zwar erfolgreiche Marktadaptionen dar, sind technisch recht gut gemachte, aber letztlich doch „händische“ Inszenierungen. Der Rückgriff auf KI, auf Methoden des maschinellen Lernens und insbesondere Deep-Learning-Verfahren, ermöglicht heute nicht nur deutlich ausgereiftere grafische Umsetzungen, sondern auch einen höheren Automatisierungsgrad der Interaktion. Eigenständig hinzulernende und dann autonom agierende Virtual Beings stellen gewissermaßen die „Krone der digitalen Schöpfung“ dar. Schon heute sind digitale Realitäten oft nicht mehr von der analogen Wirklichkeit zu unterscheiden: Eigenständig durch KI generierte Bilder „realer“ Menschen und Gegenstände lassen sich meist nur schwer von herkömmlichen Fotografien unterscheiden. Und „Deepfakes“ zeigen uns, dass dieser Aspekt gleichfalls auf Bewegtbild ausgeweitet werden kann. Auch die Entwicklungen in der Sprachverarbeitung, im „Natural Language Processing“ sind soweit fortgeschritten, dass menschliche Originalstimmen synthetisch perfekt nachgebildet werden können.
Sollten derart äußerlich perfekt gestaltete virtuelle Lebewesen nun ebenso in ihrem Innern entsprechend angereichert werden, so dass über eigenständiges Hinzulernen auch eine Simulation von Persönlichkeit möglich ist, dürfte die Unterscheidung zwischen „analogen“ und digitalen Lebewesen zunehmend schwerer fallen. Es ist zu erwarten, dass in einer virtuellen Umgebung, wie in einem wie auch immer gearteten Metaverse, diesen – nicht zuletzt in Bezug auf Kommunikation und Marketing – womöglich eine Schlüsselrolle zukommen wird. Allein für China geht man von 60.000 neuen Unternehmen aus, die 2021 den Markt der Virtual Beings für sich entdeckt haben. Hinsichtlich des Marktvolumens wird ein Anstieg von aktuell ca. 90 Mio. Euro auf bis zu 75 Mrd. Euro im Jahr 2030 prognostiziert.
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]]>Der Begriff „Metaverse“ geht, ebenso wie die heute einschlägige Verwendung der Bezeichnung „Avatar“ für ein menschliches Abbild im digitalen Raum, auf den Autor Neal Stephenson und dessen Science-Fiction-Roman „Snow Crash“ zurück. Damals, im Jahr 1992, deutlich dystopisch angelegt, prägte Mark Zuckerberg den Begriff auf ein neues weltumspannendes, virtuelles Netzwerk um, in welchem – das nun in „Meta“ umbenannte – Facebook, in Verbindung mit den eigenen VR-Brillen von Oculus Rift, als soziales Netzwerk auch in der virtuellen Sphäre eine weiterhin gewichtige Rolle einnehmen soll.
Eine eindeutige, allgemein anerkannte Definition für den Terminus „Metaverse“ existiert allerdings bislang nicht. Viele Unternehmen, die in dieser frühen Phase in eigene virtuelle Plattformen investieren, versuchen hier eine eigene Deutungshoheit zu erlangen – die Firma NVIDIA spricht etwa vom „Omniverse“. Eine gewisse Stilbildung erfolgte durch die theoretischen Vorarbeiten Matthew Balls, auf den sich auch Mark Zuckerberg bezogen hatte, und die entsprechend häufig in diesem Kontext zitiert werden. Zusammenfassend ließe sich das Metaverse demnach als eine komplett funktionsfähige Parallelwelt im virtuellen „Raum“ beschreiben: Diese kann nicht beliebig an- oder ausgeschaltet werden, sie ist „persistent“, wie die „echte“ Welt. Auch wenn man nicht aktiv oder anwesend – „online“ – ist, läuft das Geschehen für alle weiter – in „Echtzeit“. Dieses Metaversum würde über ein eigenes Wirtschaftssystem verfügen, in dem man kaufen, verkaufen, arbeiten und investieren kann.
In diesem Verständnis spiegelt sich jedoch eine – nicht zuletzt technisch – aktuell noch nicht realisierbare Zielvision wider, die nah an der skizzierten Welt aus Stephensons Science-Fiction-Roman liegt und eine enge Verflechtung von physischer Welt und virtueller Dreidimensionalität suggeriert. Gleichwohl wird der aktuelle Stand digitaler Entwicklungen bereits ebenfalls unter dem Begriff des Metaverse diskutiert. Das „immersive“ Eintauchen in virtuelle Welten mit entsprechenden VR-Brillen, aber auch bereits 2D-Erfahrungen in digitalen „Multiplayer-Open-World“-Spielen oder auf Plattformen wie Roblox, Minecraft, Decentraland und Sandbox zählen genauso zu diesem Kosmos wie die schon seit längerem praktizierte Handelbarkeit virtueller Güter. Selbst wenn damit bislang kein ubiquitäres und standardübergreifendes Gesamtgebilde geschaffen wurde – wie es einer engen Metaverse-Definition entspräche, so lassen sich als gemeinsamer Nenner dieser Entwicklungen eine tiefergehende Digitalisierung ausmachen. Diese erlaubt potenziell all das, was im Analogen möglich ist, ebenso im Digitalen. Sie ist in der Lage, Erlebnisse im digitalen Raum als zunehmend eigenständig und losgelöst von den physischen Gegebenheiten zu inszenieren. Angestrebt wird die Ebenbürtigkeit des Digitalen. Zumindest hierin besteht Deckungsgleichheit mit der Endvision der enger gefassten Definition vom Metaverse.
Dennoch werden in der Diskussion sehr unterschiedliche Aspekte miteinander verwoben, Technologien – wie VR oder Blockchain/NFTs – auf der einen Seite und weiter fortschreitende Immersion auf der anderen. In der Tat lassen sich verschiedene Dimensionen in der Metaverse-Entwicklung als Kategorien erfassen, die gleichfalls die Handlungsfelder von Unternehmen entsprechend abstecken:
Die 2003 gegründete virtuelle Community SecondLife gilt inzwischen als früher Vorläufer der heutigen Metaverse-Ansätze. Sie ist als ein Paradebeispiel einer zweidimensionalen, also am herkömmlichen Bildschirm erlebbare, in sich geschlossene Welt zu betrachten und ermöglichte bereits damals Alltagstätigkeiten – kommunikativer Austausch, Events, Spiele, Shopping – im digitalen Raum. Dieses Konzept findet heute seine Fortsetzung etwa auf der Plattform Decentraland, welche sich ebenfalls am 2D-Bildschirm erfahren lässt, die aber auch ermöglicht, das Erlebnis durch den Einsatz von VR-Brillen dreidimensional zu erweitern (s.u.). Auch der Multiplayer-Shooter Fortnite wird als Entwurf eines eigenen Metaversums verstanden. Neben dem eigentlichen Spielmodus führt Fortnite regelmäßig Events, insbesondere Live-Konzerte und -Performances durch. Mittels einer eigenen Währung, den „V-Bucks“, kann die Modifizierung der Erscheinung des eigenen Avatars bezahlt werden. Ohnehin dürften Spiele unter den bereits realisierten Anwendungen derzeit der Idealvorstellung eines Metaverses am nächsten kommen. Die Gaming-Plattform Roblox ermöglicht nicht nur ihren Nutzern, selbst eigene Spiele zu entwickeln und mittels der virtuellen Währung Robux zu monetarisieren, sondern bietet zudem Unternehmen Rahmenbedingungen, sich und ihre Marke zu präsentieren, etwa durch den Aufbau eigener Teilwelten und die Bereitstellung einschlägiger Inhalte und Angebote – wie das Beispiel „Nikeland“ zeigt (Reuters, 2021). Doch im Prinzip schließt der Aspekt der digitalen Umgebung als Erfassungsmerkmal für das Metaverse auch weitere virtuelle Plattformen und Dienstleistungen mit ein, die ein entsprechend hohes Maß an Immersion aufweisen. So können ebenso in sich geschlossene Bildungsangebote hier angeführt werden). Selbst Zoom, als digital-autarkes Instrument der Wissensvermittlung und virtuelles Eventtool, ließe sich damit dem Metaverse-Kosmos zurechnen.
Der Einsatz von VR-Endgeräten, um „echte“ virtuelle Erlebnisse zu ermöglichen, ist schon seit längerem im Gamingumfeld erprobt. Unzweifelhaft verstärkt Dreidimensionalität die realitätsnahe Wahrnehmung in der digitalen Sphäre und erhöht die Immersion. Verschiedenste kommerzielle Anbieter – nicht zuletzt die von Meta vor einigen Jahren erworbene Firma Oculus Rift – stehen aktuell im Wettbewerb um diesen als vielversprechend empfundenen Zukunftsmarkt. Wie erwähnt, setzen auch verschiedene Metaverse-Plattformen, wie Decentraland, darauf, ihre Inhalte mit diesen Endgeräten erlebbar zu machen. Die dreidimensionale Teilhabe mag einen wichtigen Schritt hin zur Entwicklung eines „echten“ Metaverses markieren, aber erscheint – zumindest heute – noch nicht zwingend als ein konstituierendes Merkmal. Die bereits erwähnten zweidimensionalen Umgebungen eröffnen ebenfalls immersives Potenzial. Aber ebenso kann der Mix aus virtueller und physischer Realität als „Augmented Reality“ (AR) zu einer Anreicherung medialer Erfahrungen führen. Indem der Blick durch ein digitales Display – etwa durch eine Smartphone-Kamera – ein Bild aus der analogen Realität um ein virtuelles Element erweitert, kann ebenfalls bereits von einer Verschmelzung beider Sphären gesprochen werden. Anwendungsfälle hierfür finden sich etwa bei der Verwendung virtueller Güter, wenn rein virtuell existierende Kleidungstücke oder Schmuck auf ein „reales“ Foto projizierbar werden und das physische Tragen dieser Utensilien sich damit digital simulieren lässt.
Der Gamingsektor ist auch hinsichtlich virtueller Güter als prägend zu betrachten. Schon seit geraumer Zeit ist es möglich, die Ausstattung von Avataren, deren Erscheinungsbild oder bestimmte virtuelle Gegenstände, die im Spiel einen Vorteil verschaffen, in Spielen gegen Geld zu erwerben. Die Geschäftsmodelle der Branche basieren immer öfter auf diesem Aspekt – entweder als Haupteinnahmequelle bei einer ansonsten frei nutzbaren Software (z.B. bei Fortnite) oder als Zusatzverdienst zu einem zu entrichtenden Grundentgelt (als „Paidmium“). In einer virtuellen Welt, die versucht, physische Bedingungen nachzubilden, kommt dem Aspekt der Handelbarkeit von „virtuellen Sachgütern“ und Dienstleistungen eine besondere Bedeutung zu. Die Motivation der Nutzer, diese zu erwerben, besteht nicht zuletzt darin, eine „Online-Identität“ zu schaffen, mit der man sich gegenüber anderen abgrenzt. Aber auch für Unternehmen kann es interessant sein, Anknüpfungspunkte in den entstehenden virtuellen Welten zu errichten – etwa indem man „Immobilien“ erwirbt oder „mietet“, die zur Kundenkommunikation oder als Verkaufsfläche genutzt werden.
In diesem Kontext fällt häufig – der allerdings nicht immer trennscharf verwendete – Begriff „NFT“ („non fungible token“). „Nicht-fungibel“ bedeutet „nicht austauschbar“ und bezieht sich auf den Umstand, dass digitale Güter, im Gegensatz zu physischen Gütern, eigentlich nicht rivalisierend im Konsum sind, weil sie sich unendlich vervielfältigen lassen und eine Übertragbarkeit nicht an den Verzicht des Gutes durch den „Abgebenden“ gebunden ist. In einer virtuellen Welt, in der es „unique“ virtuelle Sach- und Investitionsgüter gibt – wie etwa eine virtuelle Veranstaltungslocation in einer Premiumlage – besteht jedoch die Notwendigkeit, genau diesen originär physischen Übertragungsprozess auch in der virtuellen Welt sicherzustellen, also zu gewährleisten, dass bestimmte Güter nur einmal verkauft werden. Dieses Problem ist bereits von digitalen Zahlungsmitteln wie Bitcoin bekannt, und auch wird entsprechend versucht, dieses durch den Rückgriff auf Distributed-Ledger-Technologie (DLT, „Blockchain“) zu lösen. Indem die Transaktion auf der anschließend dezentral verteilten Blockchain fixiert wird und grundsätzlich für jeden Marktteilnehmer einsehbar ist, wird sichergestellt, dass es keine „doppelte“ Übertragung gibt. Ferner kann damit die Einzigartigkeit des virtuellen Gutes dokumentiert werden. Greifen die Betreiber verschiedener Welten auf das selbe DLT-Verfahren zurück, ließe sich damit eine Interoperabilität zwischen den Plattformen schaffen, d.h. digitale Güter, die in einer virtuellen Umgebung erworben würden, könnten grundsätzlich ebenso in einer anderen genutzt werden. Auf diese Weise käme man der Zielvision eines umspannenden, allgemeinen, ubiquitären Metaverses deutlich näher. Allerdings zeichnet sich eine solche Entwicklung bestenfalls nur in Ansätzen ab, nicht zuletzt aufgrund von Kompatibilitätsproblemen und den kollidierenden Interessen der verschiedenen Betreiber der aktuellen virtuellen Plattformen.
NFTs sind Gegenstand intensiver Berichterstattung in den Medien, nicht zuletzt weil für digitale Kunst – z.B. Cryptopunks, Bored Aped Yacht Club – oder virtuelle Immobilien – z.B. auf Decentraland.com oder Sandbox – teilweise schwindelerregende Preise bezahlt werden. Neben ihrer Eigenschaft als Anlage- oder Spekulationsobjekt lassen sich NFTs aber auch in der Live-Kommunikation einsetzen, etwa zur Kundenbindung und zur „Emotionalisierung“ von Event-Teilnahmen, o.ä. Zu beachten ist allerdings: In der Regel enthält ein NFT nur einen Link auf einen digitalen Inhalt, der auf einem Server gespeichert ist, nicht das „Gut“ selbst. Insofern werden nur bestimmte Rechte, nicht aber das eigentliche Eigentum transferiert. Ebenso ist wichtig zu verstehen, dass diese Rechte immer nur auf ein Protokoll-System beschränkt sind. Theoretisch ließe sich ein digitales Kunstwerk auf verschiedenen Blockchains mehrfach vertreiben (und dort jeweils als „einzigartig“). Auch Plagiarismus ist damit nicht aus der Welt geschafft, denn die Urheberschaft wird beim „Minten“ (dem „Upload“ des NFTs auf die Blockchain) in aller Regel nicht geprüft. Und schließlich bedarf es für den Handel mit virtuellen Gütern auch grundsätzlich nicht eines aufwändigen und derzeit immer noch wenig nachhaltigen DLT-Systems. Die Verwaltung kann alternativ zentral, durch die jeweilige Plattform erfolgen, die dann für die Rechtmäßigkeit der Transaktionen verantwortlich ist.
Im Kontext des Metaverses wird immer wieder auf die Entstehung des „Web3“ verwiesen. Darunter wird allgemein eine Gegenbewegung zur Zentralisierung der aktuellen Netzorganisation, insbesondere der Bündelung der Markt- und Gestaltungsmacht bei den großen Plattformen erfasst. Die Diskussion um das Metaverse gibt dieser schon länger geführten Diskussion einen zusätzlichen Schub. Denn natürlich stellt sich die Frage, nach welchen Regeln ein derart tiefgreifender Neustart, wie es die Errichtung eines allgegenwärtigen Metaverses erfordern würde, erfolgen soll. Wäre es dann überhaupt legitim, dass ein einzelnes, marktwirtschaftlich agierendes Unternehmen als alleiniger Betreiber auftritt? Oder würden damit die heute bereits von den großen Plattformen verursachten Probleme, potenziert – bis hin zu dystopischen Ausprägungen? Die Idee des Web3 setzt diesen potenziellen, negativen Entwicklungen eine Dezentralisierung der Verfügungsrechte auf der Nutzerebene, basierend auf dem Einsatz von DLT-Verfahren, entgegen. Die Idee eines dezentralisierten Web3 ist aktuell noch weit von einer operativen Umsetzung entfernt – und zudem ebenfalls in ihren möglichen Auswirkungen nicht unumstritten. Auch wenn in Bezug auf die Ausgestaltung des Metaversums dieser Diskussion potenziell eine wichtige Bedeutung zukommt, spielt dieser Aspekt in der Marketing-Praxis aktuell noch keine große Rolle. Daher soll in diesem Beitrag das Thema nicht weiter vertieft werden.
Mehr zum Thema: Vortrag/Keynote von Prof. Dr. Andreas Wagener: „Künstliche Intelligenz im Marketing: Künstliche Kreativität, VR & DNA-Targeting.“:
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]]>Der Beitrag CDR (Corporate Digital Responsibility) und KI-Bias erschien zuerst auf Nerdwärts.de.
]]>Unter „Corporate Digital Responsibility“(CDR) wird allgemein die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Rahmen der Digitalisierung verstanden. In Anlehnung und als Weiterentwicklung des Begriffs der CSR („Corporate Social Responsibility“) richtet sich der – relativ junge, aber aktuell rapide an Relevanz gewinnende – Terminus auf die Anwendung „digitaler“ Technologien und den Umgang mit den daraus resultierenden Konsequenzen für die Gesellschaft und den Einzelnen. Im Kern geht es dabei um die freiwillige Selbstverpflichtung, verantwortlich mit den digitalen Ressourcen umzugehen, was sowohl grundsätzliche Fragestellungen der Unternehmensethik als auch konkrete betriebswirtschaftliche Handlungsfelder im Tagesgeschäft berührt.
Dabei stehen insbesondere folgende Themenbereiche im Mittelpunkt des Interesses:
Und:
5. der verantwortungsvolle Umgang mit KI: Transparenz der Entscheidungsbildung durch KI, Vermeidung von „KI-Bias“ und von „Diskriminierung“ durch KI.
Bei der Verarbeitung von Daten im Rahmen von KI-Anwendungen bzw. bei der Anwendung von Methoden des maschinellen Lernens besteht die Gefahr, dass es aufgrund der Eigenschaften der dabei verwendeten Datenressourcen zu Verzerrungen kommen kann („KI Bias“). Ein Beispiel hierfür ist der Prozess der Vorqualifizierung von Bewerbungsdokumenten. Dabei hat sich herausgestellt, dass vorhandene Muster in der bisherigen Belegschaft von der KI erkannt und in den Auswahlprozess einbezogen werden können, was dazu führt, dass z.B. ein Unternehmen mit wenig Frauen in Führungspositionen oder geringem Anteil von Arbeitskräften mit Migrationshintergrund eine entsprechende Personalpolitik auch in die Zukunft festschreiben könnte, wie ein entsprechendes Projekt von Amazon zeigt (welches dann entsprechend auch nicht umgesetzt wurde). Künstliche Neuronale Netze müssen im Wege maschineller Lernverfahren mit großen Mengen an Daten trainiert werden. Aber Daten sind eben zwangsläufig stets vergangenheitsbezogen und enthalten dann mitunter genau jene Vorurteile und mangelnde Diversität, denen mit CDR-Maßnahmen entgegnet werden soll.
Ähnlich verhält es sich mit Verfahren in der Sprachverarbeitung, die unter anderem für den Betrieb von Chatbots und bei der automatisierten Texterstellung durch KI zur Anwendung kommen. Zur Erreichung eines weitreichenden „Sprachverständnisses“ müssen die Systeme mit großen Mengen an Sprachdaten trainiert werden kann. Um an diese zu gelangen, bestehen zwei Möglichkeiten, die jeweils eigene Probleme nach sich ziehen: Zum einen werden gemeinfreie Werke genutzt, welche aufgrund ihres Alters – In Deutschland endet die Schutzfrist 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers – meist in besonderer Weise überholte Sprachstile und auch nicht selten überkommene gesellschaftliche Vorstellungen und Motive beinhalten. Zum anderen werden allgemein verfügbare, aktuelle Inhalte aus dem Netz genutzt, wie Blogs und Forenbeiträge, welche keinerlei „manueller“ Qualitätssicherung unterliegen und damit potenziell auch extreme Positionen beinhalten können. Zwar lassen sich über automatisierte Prozesse bestimmte Inhalte – wie etwa Pornografie – herausfiltern. Diese Verfahren basieren aber meist auf vorab definierten oder identifizierten Sperrbegriffen und sind nicht in der Lage, subtiler gelagerte Probleme bei Duktus und Stilistik zu erfassen. Die „Antiquiertheit“ der Quellen führt unter anderem dazu, dass Sprachmodelle, deren Funktion in der Vervollständigung von Sätzen bzw. dem Weiterführen von Dialogen liegen, entsprechend auch heute als überkommen empfundene Geschlechterrollen reproduzieren. So werden Männer etwa standardmäßig mit Berufen wie Manager, Arzt oder Programmierer in Verbindung gebracht, Frauen hingegen eher als Hausfrau, Sekretärin oder Krankenschwester klassifiziert. Auch die Hautfarbe führt regelmäßig zu einer Vorprägung von KI, zum Beispiel hinsichtlich des Berufes, den eine Person womöglich ausüben oder auch welchen sozialen Status sie inne haben könnte.
Im Sinne eines wirkungsvollen CDR-Konzeptes müssen Unternehmen, die auf Verfahren des maschinellen Lernens zurückgreifen oder entsprechende Produkte einsetzen, sicherstellen, dass diese Verwerfungen eliminiert werden. Allerdings sind damit in der Praxis erhebliche Herausforderungen verbunden: Technisch gibt es bereits erste Ansätze, KI-Bias auch mit KI-Methoden zu bekämpfen, indem man beispielsweise – händisch, über Supervised Learning – entsprechende Texte identifiziert und als „unerwünschte“ Ergebnisse etikettiert. In einem iterativen Prozess, immer begleitet durch die menschliche Überprüfung, könnte man damit dann eine Trainingsgrundlage für die KI schaffen, die Sprachdaten und Texte auf ihren Bias-Gehalt überprüft und entsprechend anpasst. Die Forschungspraxis steht in diesem Bereich allerdings noch ganz am Anfang. Und gerade die enge Verwebung von Mensch und maschinellem Lernen birgt natürlich neue Bias-Problematiken.
Grundsätzlich erweist sich bereits die Identifizierung anwendbarer Wertmaßstäbe als schwierig: Nicht immer erscheint die Sachlage so eindeutig wie in den zuvor skizzierten Beispielen: Was allgemein akzeptabel oder wünschenswert erscheint und welche Entwicklungen zu kritisieren sind, ist schließlich Gegenstand permanenter „öffentlicher“ Verhandlung und einem steten Wandel unterworfen. Die viel beklagte gesellschaftliche Fragmentierung erschwert die Extraktion eines allgemein gültigen Wertmaßstabes zusätzlich. Politische Diskurse bilden sich damit automatisch auch in der konkreten Anwendung von KI ab.
Die Berücksichtigung von CDR in diesem Kontext erfordert die Entwicklung eines entsprechenden Instrumentariums, das sowohl die technischen Belange als auch die organisationalen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen bedient. Eingebettet in ein zu ermittelndes ethisches Grundgerüst gilt es die Voraussetzungen für ein zielgerichtetes CDR-Management zu schaffen. Dabei müssen die Grenzen zwischen (gewinnorientiertem) Management und technischer Umsetzung sowie zwischen Unternehmertum und gesellschaftlichen Anliegen zwangsläufig verwischen. Wie kann es gelingen, Betriebswirtschaftliches mit dem Gesellschaftlichen zu vereinen? Welche – konkreten – technischen Ansätze sind dabei sinnvoll, um CDR exemplarisch im Kontext von KI-Bias und der Sprachverarbeitung sicherzustellen? Welche strukturellen Maßnahmen gilt es darüber hinaus zu ergreifen? Und wie kann dies alles in eine übergreifende CDR-Strategie eingebettet werden? All dies sind Fragen, welche die derzeitigen Überlegungen zu CDR flankieren müssen. Es ist eine Sache, allgemeine Ziele innerhalb dieses ohne Zweifel sinnvollen Klassifizierungsrahmens aufzustellen. Aber die praktische Umsetzung stellt Forschung, Unternehmen und Politik vor enorme Herausforderungen.
Mehr zum Thema: Vortrag/Keynote von Prof. Dr. Andreas Wagener: „Wie der Staat mit Daten umgeht.“:
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]]>Indem anhand der Struktur der Kunden, ihrer Verhaltensweisen und unter Berücksichtigung anderer Faktoren, wie der Ausgestaltung der Akquisekanäle, spezifische Muster ermittelt werden, lassen sich im Abgleich mit diesen im Rahmen von Unsupervised-Learning-Verfahren „Kündiger-Cluster“ erstellen und darauf aufbauend Kündigungswahrscheinlichkeiten im Wege des Supervised-Learning kalkulieren. Die dafür notwendigen Informationen können beispielsweise auch aus dem Lead Management sowie aus den im Rahmen des Kundenservice erhobenen Daten abgeleitet werden. Zumindest bei großen Kundenbeständen ist es möglich, auf diese Weise womöglich Zusammenhänge zu identifizieren, die in der operativen Arbeit sonst nicht augenfällig waren. Vertrieb und Marketing werden damit in die Lage versetzt, frühzeitig, idealerweise bevor der Kunde selbst eine Kündigung ausspricht, entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Vorausgehen sollte diesem Prozess allerdings auch eine Analyse der Frage, welche Kunden es tatsächlich wert sind, sie zu halten, und welche konkreten Maßnahmen in welchen Fällen gerechtfertigt sind. Hier spielen Customer-Lifetime-Value-Betrachtungen eine wichtige Rolle, die auch die kumulierten Deckungsbeiträge je Kunde berücksichtigen. Während in vielen Fällen in der Praxis – wenn überhaupt – dabei meist nur ein Durchschnittswert über alle Kunden zugrunde gelegt wird, könnte der Einsatz von intelligenten Systemen auch zu einer feineren Granulierung führen, die im Idealfall sogar eine kundenpersonalisierte Herangehensweise erlaubt, also für jeden potenziellen Kündiger individuell Kundenwerte berechnet, die dann jeweils darauf abgestimmte Gegenmaßnahmen auslösen.
Sollte die Kündigung doch bereits erfolgt sein, setzt das Rückgewinnungsmanagement ein, um Kunden zu reaktivieren oder von der Rücknahme der Kündigung überzeugen zu können. Je nach ermitteltem Kündigertyp lassen sich auch hier wieder spezifische Angebote unterbreiten, die jeweils die höchste Wahrscheinlichkeit einer Fortführung der Kundenbeziehung aufweisen.
Kündigungsursachen analysieren Voraussetzung zielgerichteter Halte- und Rückgewinnungsmaßnahmen ist die Kenntnis und das Verständnis der Kündigungsgründe. Die Ursachen einer Kündigung sind nicht selten vielschichtig, die Trennung zwischen Auslöser und Ursache ist oft schwierig und auch mit hohem Aufwand, wie späteren Telefonbefragungen, daher nicht immer exakt zu bestimmen. Auch hier können Methoden des maschinellen Lernens hilfreich sein, um typisierte Muster oder ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu erfassen. Preissensibilitäten je Kunde lassen sich dabei ebenso berücksichtigen wie lange Bearbeitungszeiten oder eine womöglich missglückte schriftliche oder mündliche Servicekommunikation, die unter anderem im Rahmen einer Sentiment-Analyse ausgewertet wird.
Kündigungen müssen allerdings auch nicht immer durch den Kunden erfolgen, auch das Unternehmen selbst hat womöglich Gründe, diese auszusprechen. Von Kunden, die mehr Kosten als Erlöse verursachen, sollte man sich in aller Regel trennen, sofern nicht andere, langfristigere Gründe, wie Prestige oder Stakeholder-Pflege, dagegensprechen. Gerade bei einer umfangreichen Kundenbasis erweist sich die Identifizierung von solchen „Problemkunden“ manchmal als schwierig. Dies gilt insbesondere dann, wenn weitere komplexe Zusammenhänge wie auch zukunftsgerichtete Faktoren, jenseits bloßer kurzfristiger Ertragsbetrachtungen, ein derartiges Verdikt beeinflussen können.
Typische Fälle hierfür finden sich im Finanzbereich, bei Versicherungen und Banken, wenn es gilt, Risikobewertungen für den Eintritt von Schadensfällen oder Kreditausfällen abzugeben. Schon seit geraumer Zeit setzt man in diesem Bereich auf statistische Analysen, Mustererkennungen und Clusterbildungen. Die Weiterentwicklung dieser Methoden durch den systematischen Einsatz maschinellen Lernens dürfte inzwischen weit verbreitet sein. Wie immer steht und fällt die Qualität solcher, ja auch gesellschaftlich sensibler, Entscheidungen stets mit der Quantität und Güte der zugrunde gelegten Daten.
Der Artikel beruht auf dem Buch von Andreas Wagener Künstliche Intelligenz im Marketing – ein Crashkurs, Haufe, Freiburg, 2019:
gedruckt: als eBook:
Weitere Informationen zum Thema „KI im Marketing“ finden Sie hier:
Vortrag/Keynote von Prof. Dr. Andreas Wagener: „Ein neues Zeitalter im Marketing: Künstliche Intelligenz, maschinelle Kreativität, virtuelle Realitäten & DNA-Targeting“:
Mehr zu Themen wie Industrie 4.0, Big Data, Künstliche Intelligenz, Digital Commerce und Digitaler Ökonomie finden Sie auf unserer Newsseite auf XING sowie auf Facebook.
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]]>Podcasts haben sich zwar sehr langsam, dafür aber nun nachhaltig als ernstzunehmendes digitales Medium bei den Nutzern etabliert – für verschiedenste Formate und eine Vielzahl von Themen. Auch für die Kommunikation von Unternehmen, entweder als „Corporate Podcast“ oder als Kanal für die Platzierung von Werbung werden sie damit zunehmend interessanter.
Eine aktuelle Studie der Hochschule Hof beleuchtet nun die Möglichkeiten, die Podcasts für die Zielgruppen-Kommunikation bieten. Auf Basis von Tiefeninterviews mit einschlägigen Experten wurden die Chancen und Herausforderungen für ein Podcast-gestütztes Marketing untersucht. Dabei zeigte sich, dass insbesondere jenseits typischer Corporate-Podcast-Formate eine Reihe von sinnvollen Anknüpfungspunkten durch die Nutzung von Podcasts als Werbemedium gegeben sind. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wuchs der erreichbare potenziell Kundenstamm stark an. Trotz eines erhöhten Wachstums auch bei älteren Adressaten dominieren die 20-35jährigen immer noch die Hörerschaft der Podcasts. Gerade diese Zielgruppe allerdings ist heute oftmals nur noch schwer über andere, herkömmliche Medien zu erreichen.
Werbeformen in der Podcast-Umwelt werden durch steigenden Marktdruck dynamischer und nähern sich zunehmend den typischen Online-Medien und der dortigen automatisierten Auslieferungspraxis an. Jedoch auch trotz dieser wachsenden „Mechanisierung“ dürften Nischen-Formate weiterhin bestehen bleiben und ein individualisiertes Eingreifen erfordern, so die Studie. Allgemein, egal ob fest oder dynamisch implementiert, wird Native Ads dabei der höchste Wirkungsgrad zugesprochen. Herkömmliche Audio Ads erscheinen ebenso möglich, wenngleich damit der „Host-Vorteil“ des Podcasts nicht genutzt werden würde. Inzwischen haben auch Targeting-Methoden Einzug ins Podcast-Marketing gefunden, was nicht zuletzt auch die Einstiegshürde für KMUs und geringere Budges senkt. Gleichfalls ermöglichen die Einführung von IAB-Standards ein transparentes Reporting, was zumindest perspektivisch zu einem erhöhten Vertrauen der Werbetreibenden führen sollte. Insgesamt, so das Fazit der Untersuchung, bietet die Vermarktungsseite des Marktes, zumindest hierzulande, noch Professionalisierungspotenzial, wenngleich die Relevanz von Podcast-Marketing im Kommunikationsmix an Relevanz gewinnen wird.
Die vollständige Studie von René Schmalzl „Podcasts im Marketing – Eine empirische Analyse des auditiven Mediums im Unternehmenskontext“ findet sich hier und erschien in der Hofer Schriftenreihe zur Digitalen Ökonomie (Band Nr. 11), Herausgeber: Andreas Wagener
Vortrag/Keynote von Prof. Dr. Andreas Wagener: „Ein neues Zeitalter im Marketing: Künstliche Intelligenz, maschinelle Kreativität, virtuelle Realitäten & DNA-Targeting„:
Mehr Informationen zum Thema KI im Marketing finden Sie im Buch von Andreas Wagener Künstliche Intelligenz im Marketing – ein Crashkurs, Haufe, Freiburg, 2019:
gedruckt: als eBook:
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