Strategie der grundsätzlichen Stärkung der Reputation, die Erhöhung des „Author Ranks“
Zunächst scheint der Aufbau einer individuellen Reputation entscheidend. Wer in der Vergangenheit viel Relevantes publizierte, dem wird auch für die Gegenwart ein Vertrauensvorschuss in die inhaltliche Relevanz gewährt. Facebook scheint sich damit am Kriterium des „Author Ranks“ zu orientieren, dessen Logik z.B. auch im Influencermarketing, bei der Berechnung der Kloutzahl oder auch bei der Relevanzmessung bei Google (Patent für den „Agent Rank“), z.B. bis vor kurzem bei der Berücksichtigung von Beiträgen aus Google+, eine Rolle spielte. Konkret heißt das, dass jede Form von Interaktion und Engagement von Dritten mit den eigenen publizierten Inhalten auf die grundsätzliche Reputation einzahlt und damit die Chance eröffnet, bevorzugt im Newsfeed der Nutzer angezeigt zu werden. Dieser Einflussfaktor ist zunächst unabhängig von der Art des Inhaltes. Es besteht also die Möglichkeit, die eigene Relevanz mit populären, „mehrheitskonformen“ Postings, die viel Interaktion nach sich ziehen, nach oben zu treiben, um dann damit die Plattform zu schaffen, andere, vermutlich weniger populäre Inhalte ebenfalls reichweitenwirksam zu platzieren.
Wer dies in Perfektion verinnerlicht zu haben scheint, ist George Takei, den man in Deutschland am ehesten als ehemaligen Darsteller des Mr. Sulus in der Star Trek TV-Serie aus den 1960ern kennt. 2012 wurde der damals 76jährige Takei vom Fachportal Mashable zum „most influential person on Facebook“ gekürt1. Seine mittlerweile mehr als 7,7 Millionen Fans unterhält er in erster Linie mit Beiträgen, die aus anderen Quellen zusammengetragen worden sind und von ihm auf seiner Facebookseite geteilt werden.2 Dazu gehören Variationen von klassischen Internet-Memes, originelle Amazon Produktrezensionen oder amüsante und emotionalisierende Fotos. Ein Bild beispielsweise, das einen Vater mit seinem Sohn an der Hand im Baumarkt zeigt, beide solidarisch in Superheldenkostüme gekleidet, und mit der Bildbeschreibung „I know a good Dad, when I see one“ versehen ist, erhält dann auch schon Mal knapp 215.000 likes und wird fast 60.000 mal geteilt. Gleichzeitig ist Takei Buchautor und Homosexuellenaktivist. Seinen Facebookauftritt nutzt er auch zur Vermarktung seines Bestsellers „Oh Myyy“ und zur Adressierung seiner gesellschaftspolitischen Agenda. Dabei bewirkt die durch die eher unterhaltenden Postings gewonnene Popularität und Relevanz, dass auch Beiträge zu diesen Themen, die inhaltlich völlig anders ausgerichtet sind, einem großen Publikum zugespielt werden; zum einen weil der Facebook-Algorithmus ihren Absender als grundsätzlich relevant einstuft und zum anderen mit seinen unterhaltenden Beiträgen ansonsten stark interagiert wird.
Grundsätzlich, zu Beginn, gilt es dabei auch zu überlegen, ob statt einer klassischen Facebook-Unternehmensseite vielleicht ein persönliches Profil, mit dem andere Nutzer sich „befreunden“ können, zielführend ist. Sinnvoll kann dies für die Inhaber kleiner Unternehmen sowie Freiberufler sein, aber ggf. auch für größere Unternehmen, die sich „Evangelisten“ leisten, also Mitarbeiter, die als personalisiertes Sprachrohr des Unternehmens auftreten. Natürlich unterliegt dieser Weg verschiedenen Beschränkungen, so ist etwa die Anzahl der Freunde derzeit auf maximal 5.000 limitiert. Auch muss die Trennung zwischen privat und geschäftlich in diesem Szenario sauber organisiert werden, was selten ohne Probleme abläuft. Wie erwähnt, ist aber die potenzielle organische Reichweite in diesem Fall schon von Beginn an größer als bei Unternehmensseiten. Abgesehen davon wird so eine vertraulichere und verbindlichere Form der Kommunikation ermöglicht. Diese ist dann allerdings auch zwingend notwendig – „spammende“ Freunde hat schließlich niemand gern in seinen Kreisen. Geschickt eingesetzt – siehe Takei –, lassen sich aber so über mittelbare Themenplatzierung , über klassisches „Agendasetting“, die angestrebten qualitativen Kommunikationsziele erreichen und dabei das quantitative Reichweitenpotenzial optimal ausschöpfen.