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Strategisches Influencer-Marketing jenseits von Bibi und Sami Slimani (4/4)

Andreas Wagener

Der abschließende vierte Teil der Serie zum „Strategischen Influencer-Marketing“ befasst sich mit der praktischen Umsetzung der Erkenntnisse der Sozialen Netzwerk Analyse (SNA) auseinander: Wie können auch „unbekannte“ aber dennoch einflussreiche Influencer in Netzwerken identifiziert werden?

Umsetzung des Strategischen Influencer-Marketings in der Praxis

In den letzten Jahren hat sich die Software zu Analyse von Social Media erheblich weiterentwickelt. Social Monitoring Software kann inzwischen gut genutzt und angepasst werden, um entlang der oben definierten Kriterien geeignete Influencer zu ermitteln und die Erfolge einer Einbindung zu beobachten. Bereits jetzt schon existieren Kennzahlen wie „Advocacy“ oder „Impact“, die das Aufkommen an Unterstützung und den Einfluss von Postings bewerten. Die technischen Voraussetzungen, um das oben angeführte Kriteriengerüst mit entsprechenden Inhalten zu füttern, liegen damit de facto vor. Dass dennoch diese Instrumente kaum genutzt werden, um geeignete Meinungsbildner und Multiplikatoren zu ermitteln, liegt vermutlich daran, dass der Fokus im Influencer Marketing derzeit noch sehr stark auf dem Massenmarkt und den genannten prominenten Protagonisten liegt, die sich ihre Leistung zu einem entsprechend hohen Preis entgelten lassen.

Qualität jenseits von Reichweite

Neben diesen „offensichtlichen“ Influencern gibt es jedoch eine schier unerschöpfliche Zahl von Meinungsbildnern, die vielleicht nicht über ähnliche große Heere an Followern und Fans verfügen, aber womöglich dennoch wichtige Multiplikatorfunktionen ausüben und gerade auch in der Nische, bei erklärungsbedürftigen Produkten oder auch in spezifischen, sonst eher schwer zu erreichenden Zielgruppensegmenten, als Influencer wertvolle Dienste leisten können – und das meist zu deutlich geringeren Kosten. Nicht selten handelt es sich dabei um Anwender einer Lösung – also aktuelle oder potenzielle Kunden des Werbung treibenden Unternehmens, die somit zudem über eine deutliche höhere Glaubwürdigkeit verfügen. Gerade um diese in der Regel dennoch unbekannten, aber nichtsdestotrotz wichtigen Räder im System zu identifizieren, kann das oben beschriebene Instrumentarium effektiv genutzt werden.

Viralität oder Imageaufbau?

Die Vorgehensweise in der Praxis hängt dabei vom jeweiligen Kampagnenziel ab. Geht es um die rasche Verbreitung einer Werbebotschaft oder um langfristigen Vertrauensaufbau in einer schwer zu erreichenden, ggf. skeptischen Zielgruppe? Sollen einzelne Produkte beworben und verkauft werden, oder stehen Image und Markenführung im Vordergrund? Allgemein sollten zunächst die maßgeblichen Umfelder definiert werden. Inhaltlich können das Foren im Netz oder auch Gruppen auf Facebook, XING oder LinkedIn sein. Die Bestimmung von Zentralitäten hilft dann die Distributoren von Inhalten zu identifizieren, sofern etwa eine virale Verbreitung von Werbebotschaften angestrebt wird.

Einstellung ermitteln über Opinion Mining

Über das „Opinion Mining“ genannte Verfahren, lässt sich die Haltung dieser Personen zu bestimmten Themen und Produkten ermitteln; denn nicht nur die Häufigkeit einer Erwähnung, sondern auch eine möglichst positive Neigung ist relevant in diesem Kontext. Die Existenz von wichtigen Weak Ties im Kontaktset des Distributors und die entsprechende Verteilung von Cut Points können dann ebenso wie die Dichte des Netzwerkes weitere Kriterien für die Identifizierung von Influencern mit hohem Distributionspotenzial sein. Anschließend würde man diese Akteure mit entsprechenden Werbebotschaften füttern, in der Hoffnung, dass diese positiv auf-genommen und weiterverbreitet würden. Eine anschließende Analyse der Verbrei-tungswege gäbe dann Aufschluss darüber, ob diese Distribution von Erfolg gekrönt war. Auch ließen sich die Distributorenqualität des Influencers damit evaluieren und gegebenenfalls andere, bessere Ausgangspunkte für die Distribution ermitteln.

Influencer als „Trusted Advisor“

Steht hingegen ein langfristigerer Ansatz im Fokus, etwa um nachhaltige Bindungen in einer spezifischen Community zu erzeugen, so wäre ein größeres Augenmerk auf die Prestigekriterien zu legen. Demnach ließen sich die Netzwerkakteure identifizieren, denen am meisten Vertrauen sowie spezifische Autorität und Kompetenz bei-bemessen wird und die womöglich über eine große Zahl an Strong Ties verfügen. Ein Strategieziel könnte sein, diese an das Unternehmen zu binden und darüber den Zu-gang zu entsprechenden Subnetzwerken zu etablieren. Der so identifizierte Influencer könnte dann dort – unter Wahrung einer entsprechenden Zurückhaltung – als eine Art Botschafter und „Trusted Advisor“ fungieren, der die Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Produkte langfristig positiv beeinflusst oder auch seinen „Tribe“ für spezifische Ziele mobilisiert – etwa um bestimmte Haltungen zu „produzieren“ oder auch um dieses Umfeld für Leadgenerierung oder und Verkaufsförderung zu nutzen.

Influencer-Marketing jenseits blondierter Prominenz

Bislang ist dieser Aspekt des Influencer-Marketings noch eher unterbelichtet geblieben. Das mag an noch bestehenden technologischen Grenzen liegen, die teilweise sicherlich in der restriktiven Haltung der Netzplattformen hinsichtlich des Zugriffs auf ihre Nutzerstrukturen begründet liegen. Teilweise ließen sich diese aber auch durch Anpassung oder gezielte Anwendung der existierenden Social Monitoring Software schließen. Vorreiter wie Amazon zeigen bereits, dass Influencer Marketing nicht zwingend auf Prominenz beruhen muss, sondern dass sich dies mit wenig finanziellen Aufwand in die Breite skalieren lässt. Eine kostenintensive Entgeltung der identifizierten Influencer muss dabei nicht zwingend anfallen, oft geben sich diese bereits mit Produktproben oder einem eingeräumten Sonderstatus zufrieden. Diese Demokratisierung des Influencer-Marketings hilft gerade auch kleinen Unternehmen und macht dies auch für Segmente wie das Investitionsgütermarketing interessant.

 

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