Posting-Optimierung mit dem Facebook News Feed Algorithmus
Schon seit einiger Zeit sehen Facebook-Nutzer nur einen Teil dessen, was ihre Freunde und Unternehmen, denen sie folgen, im sozialen Netzwerk publizieren. Ein Algorithmus übernimmt hierbei die Filterfunktion. Damit ergibt sich für die Nutzung von Facebook als Marketinginstrument eine ähnliche Situation wie beim Suchmaschinenmarketing. Unternehmen, die ihre Kommunikation auf Facebook optimieren wollen, stehen zwei grundsätzliche Vorgehensweisen zur Verfügung: entweder Budgets für die Anzeigenschaltung einzusetzen oder sich mit der Wirkungsweise des Algorithmus zu befassen, um so die organische Reichweite von Beiträgen auf Facebook zu optimieren. Letzteres erfordert ähnliche Vorgehens- und Denkweisen wie bei der SEO. Im Folgenden stellen wir einige Ansatzpunkte für eine „Posting-Optimierung“ bei Facebook vor.
Tatsächlich hat Facebook in den letzten Monaten den Newssfeedalgorithmus – in der Vergangenheit auch „Edge Rank“ genannt -, der die Kriterien festlegt, nach denen ein Posting für Adressaten sichtbar wird, sehr stark angepasst. Dies führte zu erheblichen Verringerungen der Reichweite. Verschiedene Tests bestätigen, dass ein Posting einer Unternehmensfanpage meist nur noch von weniger als 10% der Fans gesehen wird, mit einer im Zeitverlauf fallenden Tendenz.1 Natürlich liegt dies auch daran, wie auch schon in den frühen Phasen Facebooks, dass nicht jeder Nutzer akribisch seinen Newsstream seit dem letzten Facebookbesuch nach neuen Meldungen aus seinem Netzwerk durchforstet. Und auch die wachsende Zahl an Teilnehmern und publizierten Inhalten erhöht die Konkurrenz um Aufmerksamkeit. Aber die sich im Zeitverlauf sukzessiv reduzierende Reichweite weist daraufhin, dass die strukturellen Anpassungen des Algorithmus hier einen massiven Einfluss haben.
Facebook selbst begründet dies mit dem Ziel, dem Nutzer ein besseres Leseerlebnis zu ermöglichen. Wie man auf der offiziellen Facebook-Newsseite lesen konnte, würden inzwischen dermaßen viele Inhalte über Facebook kommuniziert, dass ohne ein Eingreifen in die Ausgabelogik des Systems der Nutzer von der Masse der Informationen völlig überfordert wäre. Facebook übernimmt also einen großen Teil der Filterfunktion für den Nutzer. Natürlich geht es hierbei auch vor allem darum, ein Geschäftsmodell aufrecht zu erhalten. Denn Ziel für Facebook muss es sein, seinen Anzeigenumsatz sicherzustellen und auszubauen. Unternehmen, die organisch sämtliche Fans erreichen können, fehlt der Anreiz, hierfür Budgets in Facebook Ads zu investieren. Dieses Vorgehen scheint auch notwendig zu sein, da einzelne Tests immer wieder belegen, dass die Conversionrate für organische Postings nicht oder nur unwesentlich unter derjenigen der bezahlten Contents (Facebook Ads) liegt –ganz im Gegensatz übrigens zu der Situation bei Twitter.
Funktionsweise des Facebook-Newsfeed Algorithmus
Dennoch versucht sich Facebook bei der Festlegung, was für den jeweiligen Nutzer zu sehen ist und was nicht, an den vermuteten Nutzerbedürfnissen zu orientieren: genau wie bei Google geht es hierbei um Relevanz. Analog zu den Bestrebungen der Suchmaschinen bemüht sich Facebook, die Filterkriterien am Qualitätsbegriff des Contents fest zu machen und darüber hinaus für jeden Nutzer aus seinen Vorlieben, Gewohnheiten, seiner Stellung innerhalb seines Netzwerkes sowie aus der spezifischen Nutzungssituation heraus zu optimieren. Der Facebook Newsfeed-Algorithmus soll dabei an die 100.000 Einflussgrößen berücksichtigen. Der Algorithmus bestimmt Relevanz jeweils je Post und individuell je Empfänger. Das bedeutet, dass für jeden auf Facebook publizieren Inhalt ein Relevanzwert berechnet wird, anhand dessen dann automatisiert eine Entscheidung erfolgt, ob ein einzelner Nutzer diesen in seinem Newsfeed angezeigt bekommt oder nicht. Als wichtigste Einflussfaktoren hierfür gelten:
- Wie relevant („populär“) sind bzw. waren grundsätzlich die Beiträge des „Postenden“?, also wie oft wurden diese mit einem „Like“ versehen, wie oft wurden sie kommentiert, geteilt und geklickt. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Klick oder ein „gefällt mir“ geringer gewertet wird als ein Kommentar oder sogar ein „Teilen“ des Inhaltes. Wer also grundsätzlich populäre Inhalte auf Facebook absetzt, kann mit einer größeren Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass auch sein nächster Inhalt einer breiten Masse zugänglich gemacht wird.
- Als wie relevant hat der spezifische Nutzer in der Vergangenheit die Beiträge des Absenders eingestuft? Je regelmäßiger und intensiver ein Nutzer mit einem anderen oder einer Facebookpage interagiert, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihm auch weitere Beiträge des Absenders angezeigt werden.
- Wie relevant war dieser eine spezifische Post bisher bereits, über den nun „entschieden“ wird? Wenn ein Inhalt bereits von vielen Nutzern als relevant identifiziert wurde, also viele Klicks, Likes, Kommentare erhalten hat und oft geteilt wurde, so erhöht dies die Chance, dass dieser nun auch einem weiteren Nutzer angezeigt wird.
- Wie relevant ist die spezifische Art eines Inhaltes? Hierbei kann es einerseits um das Format (Bilder, Videos, textliche Status Updates) gehen, als auch um die damit übermittelten Inhalte. Kurz ausgedrückt: einem Nutzer, der in der Vergangenheit mit Katzenfotos interagiert hat, werden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit weitere Katzenfotos im Newsfeed angeboten.
- Wie alt (und originär) ist der gepostete Inhalt? Es liegt auf der Hand, dass Inhalte, die bereits vor längerer Zeit publiziert wurden, eine geringere Relevanz besitzen dürften, nicht nur, weil der Newscharakter fehlt, sondern auch weil es sich hierbei womöglich um einen nicht tot zu kriegenden Wiedergänger handelt, der bereits mehrfach auf Facebook die Runde machte. Das bedeutet auch, dass originäre Postings, also deren Ursprung auf den Absender zurückzuführen sind, grundsätzlich einen Relevanzvorteil gegenüber an anderer Stelle aufgelesenen und verbreiteten Inhalten haben.
- Welchen Status hat der „Postende“: Unternehmensseite vs. Personenseite? Aus einzelnen Tests wird ersichtlich, dass die Reichweitenbeschränkung zwar auch bei Facebook-Personenseiten auftritt, aber offensichtlich in weitaus geringerem Maße als bei Unternehmensseiten. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Letztere sind weitaus eher im Fokus der Werbevermarktung Facebooks.
Wie oben bereits schon angeklungen, kann die Kenntnis dieser Wirkungszusammenhänge einen Handlungsansatz für die Erhöhung der organischen Reichweite eröffnen. Daraus abgeleitet lassen sich die im Folgenden beschriebenen potenziellen Stellschrauben ableiten.
Strategie der grundsätzlichen Stärkung der Reputation, die Erhöhung des „Author Ranks“
Zunächst scheint der Aufbau einer individuellen Reputation entscheidend. Wer in der Vergangenheit viel Relevantes publizierte, dem wird auch für die Gegenwart ein Vertrauensvorschuss in die inhaltliche Relevanz gewährt. Facebook scheint sich damit am Kriterium des „Author Ranks“ zu orientieren, dessen Logik z.B. auch im Influencermarketing, bei der Berechnung der Kloutzahl oder auch bei der Relevanzmessung bei Google (Patent für den „Agent Rank“), z.B. bis vor kurzem bei der Berücksichtigung von Beiträgen aus Google+, eine Rolle spielte. Konkret heißt das, dass jede Form von Interaktion und Engagement von Dritten mit den eigenen publizierten Inhalten auf die grundsätzliche Reputation einzahlt und damit die Chance eröffnet, bevorzugt im Newsfeed der Nutzer angezeigt zu werden. Dieser Einflussfaktor ist zunächst unabhängig von der Art des Inhaltes. Es besteht also die Möglichkeit, die eigene Relevanz mit populären, „mehrheitskonformen“ Postings, die viel Interaktion nach sich ziehen, nach oben zu treiben, um dann damit die Plattform zu schaffen, andere, vermutlich weniger populäre Inhalte ebenfalls reichweitenwirksam zu platzieren.
Wer dies in Perfektion verinnerlicht zu haben scheint, ist George Takei, den man in Deutschland am ehesten als ehemaligen Darsteller des Mr. Sulus in der Star Trek TV-Serie aus den 1960ern kennt. 2012 wurde der damals 76jährige Takei vom Fachportal Mashable zum „most influential person on Facebook“ gekürt1. Seine mittlerweile mehr als 7,7 Millionen Fans unterhält er in erster Linie mit Beiträgen, die aus anderen Quellen zusammengetragen worden sind und von ihm auf seiner Facebookseite geteilt werden.2 Dazu gehören Variationen von klassischen Internet-Memes, originelle Amazon Produktrezensionen oder amüsante und emotionalisierende Fotos. Ein Bild beispielsweise, das einen Vater mit seinem Sohn an der Hand im Baumarkt zeigt, beide solidarisch in Superheldenkostüme gekleidet, und mit der Bildbeschreibung „I know a good Dad, when I see one“ versehen ist, erhält dann auch schon Mal knapp 215.000 likes und wird fast 60.000 mal geteilt. Gleichzeitig ist Takei Buchautor und Homosexuellenaktivist. Seinen Facebookauftritt nutzt er auch zur Vermarktung seines Bestsellers „Oh Myyy“ und zur Adressierung seiner gesellschaftspolitischen Agenda. Dabei bewirkt die durch die eher unterhaltenden Postings gewonnene Popularität und Relevanz, dass auch Beiträge zu diesen Themen, die inhaltlich völlig anders ausgerichtet sind, einem großen Publikum zugespielt werden; zum einen weil der Facebook-Algorithmus ihren Absender als grundsätzlich relevant einstuft und zum anderen mit seinen unterhaltenden Beiträgen ansonsten stark interagiert wird.
Grundsätzlich, zu Beginn, gilt es dabei auch zu überlegen, ob statt einer klassischen Facebook-Unternehmensseite vielleicht ein persönliches Profil, mit dem andere Nutzer sich „befreunden“ können, zielführend ist. Sinnvoll kann dies für die Inhaber kleiner Unternehmen sowie Freiberufler sein, aber ggf. auch für größere Unternehmen, die sich „Evangelisten“ leisten, also Mitarbeiter, die als personalisiertes Sprachrohr des Unternehmens auftreten. Natürlich unterliegt dieser Weg verschiedenen Beschränkungen, so ist etwa die Anzahl der Freunde derzeit auf maximal 5.000 limitiert. Auch muss die Trennung zwischen privat und geschäftlich in diesem Szenario sauber organisiert werden, was selten ohne Probleme abläuft. Wie erwähnt, ist aber die potenzielle organische Reichweite in diesem Fall schon von Beginn an größer als bei Unternehmensseiten. Abgesehen davon wird so eine vertraulichere und verbindlichere Form der Kommunikation ermöglicht. Diese ist dann allerdings auch zwingend notwendig – „spammende“ Freunde hat schließlich niemand gern in seinen Kreisen. Geschickt eingesetzt – siehe Takei –, lassen sich aber so über mittelbare Themenplatzierung , über klassisches „Agendasetting“, die angestrebten qualitativen Kommunikationsziele erreichen und dabei das quantitative Reichweitenpotenzial optimal ausschöpfen.
Operative Posting-Optimierung
Neben dieser grundsätzlichen Relevanz des Publizierenden entscheidet auch die – eher kurzfristige – Relevanz eines einzelnen Beitrages, welche Reichweite dieser erhält. Damit rücken Maßnahmen ins Blickfeld, die punktuell die Community zur Interaktion bewegen. Vor diesem Hintergrund gewinnt auch das eigentlich zwischenzeitlich verpönte einfache „Sammeln“ von Likes wieder an Bedeutung. Typische Haltungen wie „mich interessieren nicht, wieviel Likes ich habe, für mich zählt nur die Qualität der Follower“ haben in Bezug auf die Manipulation des Facebook-Algorithmus eine geringere Relevanz. Vielmehr sind sämtliche Maßnahmen, die darauf abzielen, ein Maximum an Reaktion auf ein Posting zu erhalten, auch solche, die inhaltlich einen geringeren Markenbezug aufweisen, grundsätzlich geeignet, die Reichweite zu erhöhen.
Bereits 2011 hat sich Facebook selbst dazu geäußert, welche Regeln es einzuhalten gilt, um für einen Post eine möglichst hohe Reichweite und Interaktion zu erzielen. Dazu zählen:
- Die Beiträge sollten nicht mehr als 100 – 250 Zeichen umfassen. Die Interaktionsrate dieser Posts liegt 60 % über der längerer Beiträge.
- Mit Bildern und Videos wird ein deutlich höheres Engagement (bis 180%) der Nutzer erreicht als mit reinen Textbeiträgen.
- Fragen stellen: Das kann von der Meinung der Nutzer zur farblichen Ausgestaltung eines neuen Produktes bis hin zum klassischen „No-brainer“ des „fill-in-the-blank“ („Heute trage ich Socken in der Farbe __________“) reichen.
- Anlässe nutzen: Beiträge die einen Bezug zu einem aktuellen Ereignis oder wiederkehrenden Anlass haben, z.B. zum Valentinstag oder Vatertag, erhalten ein höheres Engagement. Es ist auch immer wieder erstaunlich, wieviel Interaktion sich durch simple und sinnentleerte „Montagmorgen-Posts“ und freitägliche „Wir wünschen Euch ein erholsames Wochenende“-Posts erzielen lässt.
- Anreize geben, indem man den Zugang zu gutem, teilbaren Inhalt ermöglicht. Dieser sollte dann nicht hinter Registrierungen versteckt oder auf externen Landingpages geparkt sein, weil dann womöglich nicht mehr aus Facebook heraus geteilt wird bzw. der Nutzer bereits zu weit entfernt ist, um in seinem Newsfeed noch auf „gefällt mir“ zu klicken. Idealerweise ist der Nutzen im Vorschaufenster des Newsfeed sichtbar und an Facebook gebunden. Optimal erfüllen diese Voraussetzungen Videos (weil in der Regel auf Facebook deren Quelle nicht mehr sichtbar ist) und Infografiken (weil diese aufgrund Ihrer visuellen Größe offline verfügbar nicht attraktiv sind, also in der Regel geteilt und nicht z.B. ausgedruckt oder direkt in Präsentationen übernommen werden).
Allerdings scheint Facebook allmählich allzu plumpen Manipulationen einen Riegel vorzuschieben. Ähnlich wie Google, das z.B. Linkfarmen und ähnliches „abstraft“, hat Facebook erste Regeln für die Beschaffenheit und Qualität von Beiträgen definiert. Ein Verstoß dagegen führt zu einer Relevanzabwertung des Algorithmus:
- „Like Baiting“ nennt Facebook das stupide Einwerben von Likes und auch anderen Formen von Interaktion, gänzlich ohne inhaltlichen Bezug und tiefergehenden Sinnzusammengang. Unter diesen ausgeworfenen Interaktions-„Ködern” könnte man z.B. auch Aufforderungen à la „Wer den letzten Kommentar schreibt, erhält 500,00 Euro” verstehen. Ähnliches gilt für Beiträge wie: „Welcher Katzentyp bist Du: für 1. Drücke „gefällt mir“, für 2. Hinterlasse einen Kommentar, für 3. Teile diesen Beitrag“. Ob Facebook aktuell tatsächlich, wie behauptet, derartige Postings flächendeckend ermitteln kann, bleibt abzuwarten. Ausdrücklich nicht hierunter fällt die Animation zu themenrelevanten Diskussionen. Vermutlich konzentriert sich Facebook hier auf Seiten, die häufig auf derartige Maßnahmen zurückgreifen – auf die Dosierung kommt es also an.
- Click Baiting: Damit wendet sich Facebook gegen Beiträge à la Heftig.co & Co, deren Inhalte nicht halten, was die vollmundigen und reißerischen Beitragsüberschriften versprochen haben. Um Beiträge als Click Baiting einzustufen, misst Facebook die Verweildauer bei den verlinkten Inhalten. Ferner spielt der Vergleich der Clickzahlen mit den korrespondierenden Größen „diskutieren darüber“ und „shares“ hier eine Rolle. Liegen die Clickzahlen ungewöhnlich höher als die Letzteren, führt dies zu einer Abwertung des Beitrages. 1 Auch hier ist davon auszugehen, dass sich dies ebenso auf die Gesamtreputation des Absenders auswirken dürfte.
- Frequently Circulated Content: Offensichtlich sind bereits „mehrfach zirkulierte Beiträge“ nicht nur weniger reichweitenwirksam, sondern können sich sogar negativ auf die Reputation und die allgemeine Publikationswahrscheinlichkeit des Postenden auswirken. Facebook bezieht hier bei der Identifikation dieser Contents wohl die Anzahl der Klicks auf die „Inhalte verbergen” („I don’t want to see this“) Funktion mit ein, mittels der Nutzer Signale aussenden können, was für sie interessant ist und was nicht.
- Vor diesem Hintergrund ist es natürlich nur konsequent, dass auch sogenannte „Spammy Links” einen Relevanzmalus erhalten. Wobei Facebook damit auch irreführende Links, z.B. Links, die zu reinen Werbeseiten führen, und solche mit “unangemessener Sprache” meint. Als Bestimmungsgröße für Spammy Links werden u.a. die Like-Zahl und die Shares für den verlinkenden Beitrag herangezogen.
- Verlinkungen ohne Facebook-Linkformat: Facebook priorisiert Beiträge, die auf dem klassischen „Link Format“ beruhen, welches automatisch Anwendung findet, wenn man einen Link bei der Publikation ins Statusfenster kopiert, gegenüber solchen, die lediglich, z.B. bei einer Bildbeschreibung, „von Hand“ eingefügt werden. Letzteres ist etwa der Fall, wenn ein Bild hochgeladen und die Bildbeschreibung („photo caption“) mit einem weiterführenden Link versehen wird. Die verringerte Relevanz ist auch deshalb naheliegend, weil dann, anders als beim nativen „Link Format“, bei einem Klick auf das Bild, nicht der verlinkte Content, sondern die Kommentarseite zum Bild aufgerufen wird.2 Facebook weist daraufhin, dass Beiträge im „Link Format“ vor allem bei mobilen Endgeräten beliebter sind, aufgrund der kleineren Displays. Auch ist hier ein Teil des dahinter platzierten Textes zu lesen, was zu mehr Vertrauen bei den Nutzern führt und dadurch die „Klickschwelle“ senkt.
Posting-Optimierung und Markenführung
Natürlich wird die Reduzierung auf die oben genannten formalen Kriterien zum Posten von Inhalten beim einen oder anderen „Markenpuristen“ heftige allergische Reaktionen auslösen. Nicht alles was Interaktion bringt, passt nach landläufiger Auffassung auch zur Marke. Ob dieser Einwand wirklich zutreffend ist, soll hier nicht weiter erörtert werden. Wenn es einer Marke gelingt, ihre Anhänger zu unterhalten und zu binden, dürfte dafür jedes Mittel recht sein, ließe sich dagegen anführen, ebenso die Frage, ob Facebook überhaupt als Instrument zur Markenführung taugt.
Aber die Vereinigung von reichtweitenoptimalem Postingverhalten und Markenführungsbelangen muss kein Widerspruch sein. Facebook „belohnt“, wie erwähnt, originäre Beiträge, weil diese naturgemäß den höchsten Neuigkeitswert besitzen müssen. Einige Unternehmen schöpfen selbst sehr erfolgreich regelmäßig und gezielt viral geeignete Inhalte. Dabei muss es sich nicht immer um ein aufwändiges Video handeln. Gerade wenn es hier um Regelmäßigkeit geht, sind vor allem eigens geschaffene Bilder sehr effektiv. Als Vorreiter und gute Beispiele können hier etwa McDonald’s, die britische „Kult-Biermarke“ Newcastle Brown Ale, aber auch deutsche Marken wie Warsteiner genannt werden. Beiträge auf diesem Niveau abzusetzen, ist sicherlich die Königsdisziplin der Reichweitenoptimierung auf Facebook. Damit werden sowohl die Aspekte der Markenführung als auch die in der Logik des Algorithmus liegenden Anforderungen aufs Beste erfüllt.
Nun wird sicherlich nicht jedes Unternehmen in der Lage sein, einen solchen Aufwand zu betreiben. Wer jedoch nicht selber produziert, kann „kuratieren“. Zur Aufgabe eines guten Social Media Marketings gehört nicht nur die Redaktion der eigenen Auftritte, sondern auch das permanente Beobachten. Dabei sollte es nicht nur um das Erfassen der Erwähnungen des eigenen Unternehmens in sozialen Meiden gehen, sondern auch um die Suche nach geeigneten Inhalten, die über die eigene Plattform weiterverbreitet werden können. Natürlich lässt sich dafür vorab auch ein Anforderungskorridor der Markenführung definieren.
Um nicht in die Falle des „Frequently Circulated Contents“ zu tappen, ist es auch hier wichtig, das Augenmerk auf „frische“ Inhalte zu legen. Dies erfordert zwar ein regelmäßiges Screening und promptes Aufnehmen und (weiter)publizieren, ist aber ansonsten, verglichen mit der Alternative der Eigenproduktion, nicht allzu aufwändig. Auch wenn der qualitativ höherwertigere Ansatz in der Schaffung originärer Inhalte besteht, kann auch mit dieser „Low Budget“-Lösung die Anlage des Facebook-Algorithmus zur Reichweitenoptimierung genutzt werden. Allerdings setzt dies eine entsprechende Schwerpunktsetzung in der Organisation und Aufgabenstellung des Social Media Marketings voraus. Ein Blick in die Praxis zeigt jedoch, dass die meisten Unternehmen sich bisher wenig um die aktive Suche nach guten weiterverbreitbaren Inhalten kümmern, sondern den Schwerpunkt auf der eher klassischen direkten Kommunikation sowie im Monitoring der eigenen Performance setzen. Vor den hier beschriebenen Wirkungszusammenhängen betrachtet, dürfte das ein Fehler sein.
Fazit
Die Betrachtung der Wirkungsweise des Facebook News Feed Algorithmus offenbart viele Parallelen zur Relevanzbestimmung bei Google und anderen Suchmaschinen. Um nicht allein im Social Media Marketing auf bezahlte Reichweite angewiesen zu sein, lohnt es sich sicherlich, Anlehnungen bei der SEO zu nehmen. Auch wenn man Facebook guten Gewissens in erster Linie monetäre Interessen unterstellen kann, so orientiert sich das Konzept des Algorithmus doch daran, ein optimales Erlebnis für den Nutzer auf Facebook zu gewährleisten, mit dem Ziel, diesen dazu zu bewegen, möglichst intensiv die angebotenen Inhalten zu konsumieren sowie mit ihnen zu interagieren. Im Prinzip das Gleiche lässt sich über den Google-Algorithmus sagen.
Wie bei Google ist auch bei Facebook eine laufende Aktualisierung der Relevanzkriterien und Wirkungsmechanismen zu erwarten. Social Media Verantwortliche werden also gezwungen sein, diesen Prozess ständig wachsam zu begleiten, um auf mögliche Änderungen schnell und adäquat reagieren zu können. Leider leistet sich Facebook nicht wie Google einen Matt Cutts für die Haus- und Hoforakeldeutung der Wirkungszusammenhänge des Algorithmus, jedenfalls nicht offiziell. Facebook scheint hier auf eine Strategie „inoffizieller Mitarbeiter“ zu setzen, die diese Funktion, jenseits der dürren offiziellen Verlautbarungen auf den offiziellen Facebookseiten, wohl stattdessen „under cover“ im Gewand von scheinbar unabhängigen Agenturen übernehmen. Daher ist bei der Entschlüsselung des Facebook-Algorithmus neben den eher seltenen offiziellen Verlautbarungen noch stärker auf logische Interpolationen und (eigene) Einzeltests zu setzen.
Es gibt Hinweise, dass sich die reduzierte organische Reichweite von im Schnitt etwa nur 10% nach den Algorithmusanpassungen auch bei Seiten mit mehr als einer Million Fans durch gezielte Maßnahmen auf 50% und mehr ausweiten lässt.1 Dabei kann nicht belegt werden, dass „Qualität Masse schlägt“, wie immer wieder behauptet wird2 – jedenfalls nicht wenn man einem klassischen medialen Qualitätsbegriff folgt. Qualität bei Facebook bedeutet bis auf weiteres immer noch: gut ist, was Interaktion bringt.
Quellen:
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Backstrom, Lars (2013): News Feed FYI: A Window Into News Feed, https://www.facebook.com/business/news/News-Feed-FYI-A-Window-Into-News-Feed
Constein, Josh (2014): Why Is Facebook Reach Decreasing? More Competition And Limited Attention, http://techcrunch.com/2014/04/03/the-filtered-feed-problem/
El-Arini, Khalid / Tang, Joyce (2014):News Feed FYI: Clickbaiting http://newsroom.fb.com/news/2014/08/news-feed-fyi-click-baiting/
Lafferty, Justin (2014): Facebook cracks down on click-baiting, promotes native link format, http://www.insidefacebook.com/2014/08/25/facebook-cracks-down-on-click-baiting-promotes-native-link-format/
Martinez, Fidel (2012): The top ten most influential people on Facebook in 2012, http://www.dailydot.com/society/top-10-most-influential-facebook-2012/
N.N. (2014): Paid Social Ads Convert More Customers, http://www.emarketer.com/Article/Paid-Social-Ads-Convert-More-Customers/1011188/1
Owens, Erich / Turitzin, Chris (2014): News Feed FYI: Cleaning Up Newsfeed Spam, http://newsroom.fb.com/news/2014/04/news-feed-fyi-cleaning-up-news-feed-spam/
Weck, Andreas (2014): Hilfe wir verlieren Reichweite! Learnings aus Facebooks Newsfeed-Update http://t3n.de/news/facebook-newsfeed-update-reichweite-515682/